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verschiedene: Meyers Konversations-Lexikon, 4. Auflage, Band 15

des Wiener Beckens etc. (Berl. 1877); Karrer, Geologie der Franz Joseph-Hochquellenwasserleitung (Wien 1877).

Tertiarĭer und Tertiarĭerinnen (lat. Tertius ordo de poenitentia), Laien, die an dem Verdienst eines Ordens Anteil haben, aber in der Welt bleiben. Dergleichen Orden (Bußorden, dritte Orden) führen sich zurück auf den heil. Franziskus, welcher, als 1221 ganze Scharen von Männern und Frauen Aufnahme in Klöster verlangten, einen Orden von Halbmönchen und Halbnonnen schuf und demselben eine Regel in 20 Kapiteln gab, nach welcher sie durch Vermeidung von leichtsinnigen Eiden, Zänkerei, des Besuchs von Schauspielen, üppigen Lebens etc. den Klosterleuten im Leben ähnlich werden könnten, ohne ihre Verbindungen mit der Welt zu verlassen. Ihre Kleidung war meist ein aschgrauer Rock, mit einem Strick umgürtet, die der Schwestern ein weißer Schleier. Selbst Kaiser Karl IV. und König Ludwig IX. von Frankreich sowie viele andre fürstliche Personen gehörten dem Orden an. Zu Ende des 13. Jahrh. legten eine Anzahl von Tertiariern die Ordensgelübde ab und wurden Religiosen, wodurch die regulierten T. (regulierter Bußorden) entstanden. Dieselben teilten sich mit der Zeit in eine Menge von Korporationen. Auch verschiedene Orden der regulierten Klosterfrauen vom Bußorden tauchten auf, in Deutschland Elisabetherinnen genannt. Von ihnen zu unterscheiden sind die Hospitalbrüder und Hospitalschwestern vom dritten Orden des heil. Franziskus.

Tertiärsystem, s. v. w. Tertiärformation.

Tertiawechsel, s. Wechsel.

Tertĭe (lat.), der jetzt nur noch selten gebräuchliche 60. Teil einer Sekunde bei der Winkel- und Zeiteinteilung, im ersten Fall durch drei der Zahl oben beigesetzte Striche bezeichnet, z. B. 4°9′25″10‴ = 4 Grad 9 Minuten 25 Sekunden 10 Tertien.

Tertiogenitūr (lat.), Abfindung, welche dem Drittgebornen oder dessen Linie nach der Bestimmung mancher fürstlichen Hausgesetze gewährt wird, meist ein Vermögenskomplex, früher auch zuweilen eine Entschädigung an Land und Leuten, wie dies z. B. in dem habsburgischen Haus der Fall gewesen ist, dessen Primogenitur die österreichische Monarchie, während die Sekundogenitur Toscana, die T. Modena war.

Tertium comparationis (lat., „das Dritte der Vergleichung“), der Vergleichungspunkt, das, worin zwei verglichene Dinge übereinstimmen.

Tertium non dātur (lat., „ein Drittes gibt es nicht“), Formel zur Bezeichnung, daß zwei Urteile einander kontradiktorisch entgegenstehen, ein dritter Fall also außer den beiden angegebenen nicht möglich ist.

Tertius gaudet (lat.), „der Dritte freut sich“ (nämlich wenn zwei sich streiten); vollständiger: Duobus litigantibus tertius gaudet.

Tertulĭa (span.), gesellige Zusammenkunft, besonders Abendgesellschaft, in welcher man sich durch Konversation, Gesellschaftsspiele, bisweilen wohl auch mit Tanzen unterhält.

Tertulliānus, Quintus Septimius Florens, lat. Kirchenvater, geboren um 160 zu Karthago, war daselbst als Rechtsgelehrter und Rhetor thätig und trat erst um 185 zum Christentum über. Er war ein Mann von strenger Denkungsart, heftigem Charakter und reicher, oft wilder Phantasie und ward durch seine ganze Gemütsrichtung der Richtung der Montanisten (s. d.) zugeführt. Er starb um 230. Seine Schriften, apologetischen („Apologeticum, Ad gentes“ u. a.), moralischen und disziplinarischen Inhalts, reich an Gedanken, aber vielfach dunkel und in dem rauhen afrikanischen Stil abgefaßt, wurden neuerdings von Leopold (Leipz. 1839–41, 4 Bde.) und Öhler (das. 1853, 3 Bde.) herausgegeben und von Kellner (Köln 1882, 2 Bde.) übersetzt. Vgl. Böhringer, Tertullianus (Stuttg. 1873); Hauck, Tertullians Leben und Schriften (Erlang. 1877); Bonwetsch, Die Schriften Tertullians nach der Zeit ihrer Abfassung untersucht (Bonn 1878); Ludwig, Tertullians Ethik (Leipz. 1885).

Teruēl, span. Provinz, den südlichen Teil der Landschaft Aragonien umfassend, grenzt im N. an die Provinz Saragossa, im O. an Tarragona und Castellon, im S. an Valencia und Cuenca, im W. an Guadalajara und hat einen Flächenraum von 14,818 qkm (269,1 QM.). Das Land ist meist gebirgig und wird von zahlreichen zum iberischen Gebirgssystem gehörigen Berggruppen, wie Sierra de Cucalon, Sierra de San Just (1513 m), Sierra de Gudar (1770 m), Sierra de Albarracin (mit Cerro San Felipe, 1800 m, und Muela de San Juan, 1610 m), Sierra de Javalambre (2002 m), durchzogen. Die Flußthäler bilden fruchtbare Ebenen, der Nordosten gehört dagegen zur iberischen Steppe. Die Gewässer der Provinz fließen zum größern Teil dem Ebro zu, darunter Jiloca (Nebenfluß des Jalon), Martin, Guadalope. Außerdem entspringen hier der Tajo und die Küstenflüsse Guadalaviar mit Alfambra und der Mijares. Die Bevölkerung ist spärlich, (1878) 242,165 Seelen (nur 16 pro QKilometer, 1886 auf 250,000 Seelen geschätzt). Der Boden ist wenig kultiviert und großenteils Weideland, liefert aber immerhin viel Getreide, dann Öl, Hanf, Flachs, etwas Obst und Wein. Abgesehen vom Westen, wo sich Wald vorfindet, ist das Land baumarm. Andre Produkte sind: Seide, Wolle (als Ergebnis der stark betriebenen Schafzucht), dann, als Ertrag des bis jetzt sehr schwach betriebenen Bergbaues: Braunkohlen, Blei- und Eisenerz, Schwefel und Salz. Auch Mineralquellen sind vorhanden. Industrie, Handel und Verkehr sind unbedeutend. Die Provinz umfaßt zehn Gerichtsbezirke (darunter Albarracin, Alcañiz, Hijar und Montalban). – Die gleichnamige Hauptstadt, auf steilem Hügel am Guadalaviar gelegen, altertümlich und wirr gebaut, hat 7 Kirchen (darunter die schöne gotische Kathedrale), einen im 17. Jahrh. erbauten, aus zwei übereinander stehenden Bogenreihen bestehenden Aquädukt (Los Arcos), ein Priesterseminar, Speditionshandel und (1886) 8861 Einw. Es ist Sitz des Gouverneurs und eines Bischofs. T. hieß im Altertum Turdeto und ist keltiberischen Ursprungs.

Ter-Vere, Stadt, s. Vere.

Tervueren (spr. -vǘh-er’n), Marktflecken in der belg. Provinz Brabant, Arrondissement Löwen, an der Eisenbahn Brüssel-T., mit (1888) 2674 Einw., war früher Sommerresidenz der Herzöge von Brabant, hat ein schönes, dem König zur Verfügung gestelltes Schloß mit Park, welches unter der holländischen Regierung dem Prinzen von Oranien gehörte und seit 1867 zeitweilig von der Kaiserin Charlotte, Witwe des Kaisers Maximilian von Mexiko (Schwester des Königs der Belgier), bewohnt wurde.

Terz (lat. Tertia), in der Musik die dritte Stufe in diatonischer Folge. Dieselbe kann sein: groß (a), klein (b), vermindert (c) oder übermäßig (d).

Von hervorragender Bedeutung für das elementare Studium der Harmonielehre ist die große T., denn sie ist wie die Quinte (s. d.) eins der den Dur- und Mollakkord konstituierenden Grundintervalle.

Empfohlene Zitierweise:
verschiedene: Meyers Konversations-Lexikon, 4. Auflage, Band 15. Bibliographisches Institut, Leipzig 1889, Seite 604. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Meyers_b15_s0604.jpg&oldid=- (Version vom 17.6.2022)