Seite:Meyers b14 s0099.jpg

Dieser Text wurde anhand der angegebenen Quelle einmal korrekturgelesen. Die Schreibweise sollte dem Originaltext folgen. Es ist noch ein weiterer Korrekturdurchgang nötig.
verschiedene: Meyers Konversations-Lexikon, 4. Auflage, Band 14

innere Ulmenrinde wurde als adstringierendes Mittel benutzt. Die Rüstern verdienen Anbau und Pflege in den Wäldern, der aber nur lohnend ist, wo frische Standorte und guter Boden zur Verfügung stehen. Sie machen größere Ansprüche als selbst die Eichen. In reinen Beständen läßt sich die R. nicht erziehen; als Mischholz im Hochwald, als Oberholz im Mittelwald ist sie dagegen wohl geeignet, den Waldertrag zu heben. Sie schlägt lebhaft vom Stock aus, treibt auch Wurzelbrut und ist deshalb auch im Niederwald wohl verwendbar. Zur Aussaat sammelt man den Rüstersamen Anfang Juni, wo er die Reife erlangt hat, und säet ihn sofort auf tief umgegrabenes, glatt geharktes Land im Saatkamp aus (pro Ar etwa 1,5 kg). Der Same wird nicht mit Erde bedeckt, sondern nur schwach übersiebt und stark angegossen. Freisaaten im Wald empfehlen sich nicht. Will man die R. in Laubholzverjüngungsschläge oder Mittelwaldschläge einbringen, so verpflanzt man sie im 3.–5. Jahr aus dem Saatkamp; sie verträgt das Verpflanzen bis zur Heisterstärke leicht. Auch durch Absenker (Ableger) läßt sie sich leicht verjüngen, ein Verfahren, welches besonders in Holland angewendet wird. Man biegt die einjährigen Stockausschläge (im Herbst) vorsichtig nieder, legt sie in Rinnen von etwa 0,25 m Tiefe, füllt die Rinnen unten mit Komposterde, oben mit dem ausgehobenen Boden zu und tritt sie fest an. Die Zweigspitzen läßt man 1,3 m hoch frei hervorstehen und richtet sie möglichst gerade in die Höhe. Schon im darauf folgenden Herbst können die Absenker, welche sich bis dahin gut bewurzelt haben, vom Mutterstamm getrennt und verpflanzt werden. Gewöhnlich werden sie hierbei gestummelt (über dem Wurzelknoten schräg abgeschnitten), damit sie einen geraden und schlanken Stamm treiben.

Rüsternhaargallenlaus, s. Blattläuse.

Rüstersplintkäfer, s. Borkenkäfer.

Rustige, Heinrich von, Maler, geb. 12. April 1810 zu Werl in Westfalen, bezog 1828 die Akademie zu Düsseldorf, siedelte 1836 nach Frankfurt a. M. über und unternahm von dort aus Studienreisen nach Wien und Ungarn, später nach Dresden, Berlin, Frankreich und England. 1845 wurde er Professor an der Kunstschule in Stuttgart und Inspektor der württembergischen Staatsgalerie. 1887 gab er seine Lehrthätigkeit auf. R. hat Historien- und Genrebilder, Landschaften und Porträte gemalt und darin eine anerkennenswerte Geschicklichkeit in der Anordnung und Ausführung, fleißiges Studium und lebendigen Sinn für Charakteristik bewährt. Von seinen zahlreichen Gemälden sind das Gebet beim Gewitter und die Überschwemmung (Berliner Nationalgalerie), Herzog Alba im Schloß zu Rudolstadt (Galerie zu Stuttgart), Überführung der Leiche Kaiser Ottos III. nach Deutschland und Friedrich II. und sein Hof in Palermo hervorzuheben. R. hat sich auch als Dichter bekannt gemacht. Einem Band lyrischer Gedichte (Frankf. a. M. 1845) folgten die historischen Dramen: „Filippo Lippi“ (das. 1852), „Attila“ (das. 1853), „Konrad Widerhold“ (das. 1856), „Kaiser Ludwig der Bayer“ (das. 1860) und „Eberhard im Bart“ (das. 1863) sowie die zum Teil humoristischen „Reime und Träume im Dunkelarrest“ (Stuttg. 1876).

Rustĭka (bäurisches Werk, Bossenwerk, Bossage, Opus rusticum), Mauerwerk aus Quadern mit bearbeiteten Lager- und Stoßfugen, deren Stirnflächen (sichtbare Flächen) nicht oder nur roh bearbeitet sind, wurde zuerst von den Römern zu Bauteilen, welche einen derben, kräftigen Eindruck machen sollen, wie zu Sockeln und Unterbauten überhaupt verwandt. Erst in der spätrömischen und Renaissancezeit versah man die Außenflächen der Quader mit einem Kantenschlag a (s. Figur), während man

Rustika-Mauerwerk.

den mittlern Teil nur spitzte oder körnelte; ja, man ging allmählich zu einer förmlichen Profilierung (b) des Randes der einzelnen Quader über und verwandte dieselben nicht nur zur Bekleidung ganzer Geschosse, sondern auch von Pilastern und Säulen. Zu Anfang der Renaissanceperiode hat besonders Brunellesco diese Mauerverkleidung an mehreren Palästen zu Florenz in der Absicht angewandt, denselben den kastellartigen Charakter des Mittelalters zu wahren. Später ist man sogar zur Herstellung künstlicher, sogen. Bossenquadern oder Buckelsteine durch Bewurf übergegangen, wobei man um die Quaderkanten die verschiedensten Profile zog.

Rustiques figulines (spr. rüstīk figülīhn), franz. Bezeichnung für Palissyschüsseln (s. d.).

Rustizität (lat.), bäurisches Wesen, Plumpheit.

Rüstkammer, Sammlung alter, merkwürdiger Waffen und Kriegsgeräte, besonders in Schlössern und in fürstlichen Residenzen; auch s. v. w. Zeughaus. Rüstmeister, ehemals Waffenverwalter einer Truppe, eines Fähnleins.

Rüstow, 1) Wilhelm, Militärschriftsteller, geb. 25. Mai 1821 zu Brandenburg, ward 1840 Leutnant im preußischen Ingenieurkorps. 1848 in Posen wegen der Broschüre „Der deutsche Militärstaat vor und während der Revolution“ (2. Aufl., Zürich 1851) vor ein Kriegsgericht gestellt, entfloh er (Juni 1850), trat in eidgenössische Dienste und ward dort 1856 Major im Generalstab, lebte meist in Riesbach bei Zürich und ging 1860 als Generalstabschef zu Garibaldi nach Sizilien. Nach dem Krieg nach Zürich zurückgekehrt, ward er 1870 Oberst, lebte jedoch ausschließlich litterarischen Arbeiten und starb durch eigne Hand 14. Aug. 1878. Der fruchtbarste Militärschriftsteller des 19. Jahrh., schrieb er: „Geschichte des griechischen Kriegswesens“ (mit Köchly, Aarau 1852; Suppl. 1854–55); „Der Krieg von 1805 in Deutschland und Italien“ (Frauenf. 1853; 2. Aufl., Zürich 1859); „Heerwesen und Kriegführung Julius Cäsars“ (Gotha 1855; 2. Aufl., Nordh. 1862); „Der Angriff auf die Krim und der Kampf um Sebastopol“ (Frauenf. 1854); „Der Krieg gegen Rußland“ (Krimfeldzug, Zürich 1855–56, 2 Bde.); „Der Krieg und seine Mittel“ (Leipz. 1856); „Die Feldherrenkunst des 19. Jahrhunderts“ (Zürich 1857, 3. Aufl. 1877); „Geschichte der Infanterie“ (Gotha 1857–1858, 2 Bde.; 3. Ausg., Leipz. 1884); „Allgemeine

Empfohlene Zitierweise:
verschiedene: Meyers Konversations-Lexikon, 4. Auflage, Band 14. Bibliographisches Institut, Leipzig 1889, Seite 99. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Meyers_b14_s0099.jpg&oldid=- (Version vom 25.2.2023)