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verschiedene: Meyers Konversations-Lexikon, 4. Auflage, Band 13

zwei kleinen Seitentribünen, Medaillonfriesen, kostbarer Marmorverkleidung, Mosaiken etc.; die Kirche Santa Maria della Rotonda, das Grabmal Theoderichs d. Gr., ein Bau des 6. Jahrh., in seinem Grundgedanken noch den römischen Mausoleen verwandt und doch altgermanisch, ein zweigeschossiger Zentralbau, unten ein den kreuzförmigen Gruftraum enthaltendes massives Zehneck, von welchem zwei strebebogenartige Treppen zu dem stark zurücktretenden Obergeschoß führen, im Innern kreisrund, von zehn kleinen Fenstern erleuchtet und durch einen riesigen Flachkuppelstein aus istrischem Kalkstein (8000 Ztr. schwer) abgeschlossen; Santa Maria in Porto Fuori, 1096 vom Bischof Pietri Onesti erbaut, eine dreischiffige Basilika mit Fresken und Sarkophag des Stifters. Außer 14 andern, meist ebenfalls sehr alten und kunstgeschichtlich interessanten Kirchen enthält R. an sonstigen bemerkenswerten Gebäuden: den Palast des Erzbischofs, mit merkwürdiger, aus dem 5. Jahrh. trefflich erhaltener Hauskapelle; den Palast Theoderichs, welcher freilich nur in spärlichen Überresten erhalten ist, u. a. Von den Plätzen Ravennas, meist nur von geringer Ausdehnung, ist die Piazza Vittorio Emmanuele, im Mittelpunkt der Stadt, zu erwähnen, auf welcher sich zwei hohe, von den Venezianern 1483 errichtete Granitsäulen mit Basreliefs, dann die Statue Papst Clemens’ XII. (1738) und acht eingesunkene Säulen der sogen. Basilika des Herkules befinden. Vor dem Bahnhof erhebt sich das Monument des Staatsmannes Farini. Unter den Straßen zeichnet sich vor allen der die Stadt geradlinig durchschneidende Corso Garibaldi aus. Vor der Porta Sisi (einem der sechs Stadtthore) liegt 6 km entfernt die Colonna dei Francesi, eine 1557 aufgerichtete kleine, mit Arabesken und Inschriften geschmückte Säule gegenüber dem berühmten Schlachtfeld, wo 1512 Ludwig XII. von Frankreich die Truppen des Papstes Julius II. schlug. R. zählt mit den Vorstädten (1881) 18,571, als Gemeinde 60,573 Einw. Die Beschäftigung derselben bilden zumeist Weinbau und Seidenzucht, Seidenspinnerei und -Weberei, Fabrikation von Glas, Seife, Stärke, Hüten etc. und Handel. Die Stadt ist durch die Zweigbahn nach Castel Bolognese und durch die Dampftramwaylinie nach Forli mit der Eisenbahn Bologna-Ancona und durch den Schiffahrtskanal Corsini mit dem Adriatischen Meer verbunden. Im Hafen von R. sind 1886: 1761 Schiffe mit 50,255 Ton. eingelaufen. Der gesamte Warenverkehr von R. zur See belief sich auf 114,739 Ton. R. hat ein Lyceum mit Konviktkollegium, eine technische Schule, ein Seminar, eine Bibliothek mit 50,000 Bänden, zahlreichen Inkunabeln und 700 Manuskripten, nebst kleinem Museum, eine Akademie der schönen Künste mit Sammlung von Gemälden, Gipsabgüssen und Kupferstichen, ein Theater, ein großes Krankenhaus, zwei Waisenhäuser, eine Sparkasse und ein Leihhaus. Es ist Sitz eines Erzbischofs, eines Präfekten und einer Handels- und Gewerbekammer. Südöstlich von R. gelangt man zu dem berühmten Pinienwald (Pineta). – R., das in ältester Zeit eine Stadt der Etrusker, dann der Umbrer war, dessen Blüte aber erst aus der Zeit des Augustus herrührte, war im 5. Jahrh. Residenz mehrerer weströmischer Kaiser, nach dem Untergang des abendländischen Römerreichs seit 493 der ostgotischen Könige, endlich der Exarchen. Die Sage von der Ravenna- oder Rabenschlacht (s. d.) zeugt von der Bedeutung, welche R. damals hatte. Die Exarchen wurden 752 von den Langobarden vertrieben, welchen jedoch der fränkische König Pippin 755 die Stadt nebst dem ganzen Exarchat wieder abnahm, um beides dem römischen Stuhl zu schenken, was 774 von Karl d. Gr. bestätigt wurde. R. wurde hierauf von Konsuln regiert. Seit 1275 herrschte die Familie Pollenta in R. Von 1440 bis 1509 war die Stadt in den Händen der Venezianer, denen sie infolge der Liga von Cambrai entrissen wurde, seit welcher Zeit sie dem Papst verblieb. Julius II. setzte einen Kardinallegaten hierher. Durch den Frieden von Tolentino 1797 wurde R. den Franzosen unterthan; durch den Wiener Kongreß 1815 aber kam es wieder zum Kirchenstaat, 1860 zu Italien. Vgl. Fantuzzi, Monumenti Ravennati de’ secoli di mezzo (Vened. 1801); Quast, Die altchristlichen Bauwerke von R. (Berl. 1842); Rahn, R., eine kunstgeschichtliche Studie (Leipz. 1869); Diehl, Ravenne; études d’archéologie byzantine (Par. 1885).

Ravensberg, Berg im Südharz, nordwestlich bei Sachsa, 660 m hoch. Auf seinem vielbesuchten, aussichtsreichen Gipfel ein Wirtshaus.

Ravensberg, ehemalige Grafschaft im westfälischen Kreis, im SO. des Bistums Osnabrück, jetzt Teil des preuß. Regierungsbezirks Minden. Als erster Graf von R. erscheint Hermann von Calvelage (1072–1082), dessen Geschlecht 1346 im Mannesstamm ausstarb, worauf die Grafschaft mit Gerhard von Jülich auf die weibliche Linie überging. Aus der Vereinigung mit Jülich ward sie 1614 gelöst und fiel an Brandenburg. Das Areal entsprach im ganzen dem der jetzigen Kreise Bielefeld, Herford und Halle und zählte 1801 auf 913 qkm (16,6 QM.) 89,900 Einw. Hauptstadt war Bielefeld. Vgl. Lamey, Geschichte der alten Grafen von R. (Mannh. 1779); Vormbaum, Die Grafschaft R. (Leipz. 1864); Fricke, Geschichte der Stadt Bielefeld und der Grafschaft R. (Bielef. 1887).

Ravensburg, Oberamtsstadt im württemberg. Donaukreis, an der Schussen und der Linie Bretten-Friedrichshafen der Württembergischen Staatsbahn

Wappen von Ravensburg.

sowie an einer Dampfstraßenbahn nach Weingarten, 446 m ü. M., besteht aus der Altstadt und drei Vorstädten, hat eine evangelische und 2 kath. Pfarrkirchen, ein altes restauriertes Rathaus, ein Gymnasium, eine Reallehranstalt, ein Hospital mit Bruderhaus, ein Landgericht, eine Handels- und Gewerbekammer, Flachs- u. Hanfspinnerei, Maschinenstickerei, Baumwollweberei, Färberei, Bleicherei, Parkett-, Malz-, Thonwaren-, Maschinen-, Pinsel- und Papierfabrikation, Bildhauerei, Glasmalerei, viele Mühlen, Acker-, Obst- und Weinbau, Vieh-, Holz- und Getreidehandel und (1885) 11,483 meist kath. Einwohner. Südlich der Veits- oder Schloßberg mit herrlicher Aussicht auf den Bodensee. Zum Landgerichtsbezirk R. gehören die acht Amtsgerichte zu Biberach, Leutkirch, R., Riedlingen, Saulgau, Tettnang, Waldsee und Wangen. – Stadt und Schloß wurden vom Grafen Welf II. von Altorf (gest. 1030) erbaut. Die Stadt kam 1180 an die Hohenstaufen, ward 1276 freie Reichsstadt und war Sitz eines kaiserlichen Landgerichts. Sie trat 1331 dem Schwäbischen Städtebund bei, nahm 1545 teilweise die Reformation an und fiel 1803 an Bayern, 1810 an Württemberg. Vgl. Hafner, Geschichte von R. (Ravensb. 1885).

Ravenstein, Ernst, Geograph und Kartograph, geb. 30. Dez. 1834 zu Frankfurt a. M., besuchte das

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verschiedene: Meyers Konversations-Lexikon, 4. Auflage, Band 13. Bibliographisches Institut, Leipzig 1889, Seite 611. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Meyers_b13_s0611.jpg&oldid=- (Version vom 19.9.2021)