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verschiedene: Meyers Konversations-Lexikon, 4. Auflage, Band 13

Obgleich dem Haus Brandenburg nach den geschlossenen Erbverträgen die Erbfolge in P. unbezweifelt zustand, so machten doch die Schweden keine Miene, es zu räumen. In den Friedensverhandlungen zu Osnabrück bestand der Große Kurfürst Friedrich Wilhelm zwar auf seinen Ansprüchen auf ganz P., ward aber genötigt, gegen eine Entschädigung durch die Stifter Halberstadt, Magdeburg und Kammin Vorpommern nebst Rügen und von Hinterpommern Stettin, Garz, Damm, Gollnow, das Haff und die drei Odermündungen an Schweden abzutreten. Ein späterer Versuch von seiten des Großen Kurfürsten (1675–79), sich in den Besitz von ganz P. zu setzen, ward durch Frankreich vereitelt. Kaum aber war im Nordischen Krieg Karls XII. Stern bei Poltawa erblichen, als Friedrich Wilhelm I. von Preußen Vorpommern besetzte und 1715 Greifswald, Anklam, Wolgast und Rügen eroberte. Im Frieden zu Stockholm 1720 erhielt er Vorpommern bis zur Peene, Stettin, die Inseln Usedom und Wollin, das Haff und die Städte Damm und Gollnow sowie die Odermündungen Dievenow und Swine. Dagegen hatte er an Schweden 2 Mill. Thlr. zu zahlen und 600,000 Thlr. pommersche Schulden zu übernehmen. Schweden, dem bloß das sogen. Schwedisch-P. oder Neuvorpommern links der Peene verblieb, versuchte im Siebenjährigen Krieg vergeblich die verlornen Besitzungen in P. wiederzuerlangen. Nach dem Sturz Napoleons I. 1814 wurde der schwedische Anteil von P. gegen Norwegen von den Schweden an Dänemark abgetreten, das denselben für das von Hannover abgetretene Herzogtum Lauenburg um die Summe von 2,600,000 Thlr. an Preußen überließ. Dieses zahlte an Schweden noch 3,500,000 Thlr.

Vgl. Kantzow, Pomeriana (Chronik von P. in niederdeutscher Mundart, hrsg. von Kosegarten, Greifsw. 1819, 2 Bde.; von Böhmer, Stett. 1835); Sell, Geschichte des Herzogtums P. (bis 1648, Berl. 1819–1820, 3 Bde.); Barthold, Geschichte von Rügen und P. (Hamb. 1839–45, 5 Bde.); Fock, Rügensch-pommernsche Geschichten aus sieben Jahrhunderten (Leipz. 1861–72, 6 Bde.); Bohlen, Die Erwerbung Pommerns durch die Hohenzollern (Berl. 1865); Berghaus, Landbuch des Herzogtums P. (Anklam u. Wriezen 1862–76, 9 Bde.); Hasselbach u. Kosegarten, Codex Pomeraniae diplomaticus (Greifsw. 1862, Bd. 1); Klempin, Pommersches Urkundenbuch (Stett. 1868–88, Bd. 1–3); ferner die seit 1832 von der Gesellschaft für pommersche Geschichte u. Altertumskunde herausgegebenen „Baltischen Studien“; Petrich, Pommersche Lebens- u. Landesbilder (Hamb. 1880–84, 2 Bde.); v. d. Dollen, Streifzüge durch P. (Ankl. 1884, 12 Hefte); „Gemeinde-Lexikon für die Provinz P.“ (vom königl. Statistischen Büreau, Berl. 1888); Knoop, Volkssagen, Aberglauben etc. aus dem östlichen Hinterpommern (Posen 1885); Jahn, Volkssagen aus P. und Rügen (Stett. 1885).

Pommerscher Kunstschrank, ein unter der Leitung des Patriziers Hainhofer (s. d.) für Herzog Philipp II. von Pommern 1617 von Augsburger Kunsthandwerkern angefertigtes Prunkmöbel aus Ebenholz mit reichen Silberbeschlägen, Schnitzwerk, Malerei, Email und eingelegter Arbeit (jetzt im Kunstgewerbemuseum zu Berlin). Der in verschiedenen Kasten aufbewahrte Inhalt besteht aus mathematischen Instrumenten, Tischgerät für zwölf Personen, einer Orgel, zahlreichen Karten- und Brettspielen, einer Hausapotheke, chirurgischen Instrumenten, Handwerkszeug etc., sämtlich in edlen Metallen ausgeführt und reichverziert.

Pommersches Haff (Stettiner Haff), der Mündungssee der Oder in Pommern, in welchen sie durch das Papenwasser eintritt, wird durch die Inseln Usedom und Wollin von der Ostsee getrennt, steht aber mit derselben durch die drei Mündungsarme der Oder: Peene, Swine und Dievenow, in Verbindung. Es ist von O. nach W. 52 km lang, seine Breite beträgt 15–22 km, seine Größe mit Einschluß des Papenwassers etwa 800 qkm (14½ QM.). Durch zwei in das Haff hineinragende Landspitzen auf der Südseite (zwischen denen der Neuwarper See) und einen Vorsprung der Insel Usedom wird es in das Große (im O.) und das Kleine Haff (im W.) geteilt. Die Uferränder des Haffs sind meist niedrig, besonders auf der Ostseite. Für die Schiffahrt ist es überaus wichtig, da durch dasselbe eine 4,4 m tiefe Wasserstraße nach Stettin hinaufführt; sonst ist es im allgemeinen nicht tief, an manchen Stellen stark verschilft. Pläne zur Trockenlegung sind wiederholt gemacht worden. S. Karte „Pommern“.

Pommersfelden, Dorf im bayr. Regierungsbezirk Oberfranken, Bezirksamt Höchstadt a. d. Aisch, an der Reichen Ebrach, hat ein altes Schloß, Bierbrauerei und (1885) 503 Einw. Dabei das schöne, zu Anfang des 18. Jahrh. erbaute Schloß Weißenstein des Grafen Schönborn, ehedem mit einer ausgezeichneten (1867 verkauften) Bildergalerie.

Pomologīe (lat.-griech., „Obstkunde“), die Wissenschaft, welche die Organe des Obstbaums und die Bestimmung und Einordnung der Obstsorten in die bezüglichen Systeme kennen lehrt, hat durch die Bestrebungen eifriger Pomologen in letzter Zeit eine besondere Bedeutung auch für den praktischen Obstbau gewonnen. Schon im 18. Jahrh. und bis zur Mitte des jetzigen hatten sich Quinteney, Noisette, Hirschfeld, Zink, Mayer, Sickler, Dittrich, Christ, Dochnahl, Diel, Downing, Liegel, v. Ährenthal, v. Truchseß, Hogg u. a. bemüht, die verschiedenen Fruchtsorten genau zu bestimmen und in bestimmte Systeme zu ordnen; doch gebührt den Bearbeitern des „Illustrierten Handbuchs der Obstkunde“, Oberdieck, Lucas, Engelbrecht und Jahn, das Verdienst, eine vollständig systematische Ordnung der Obstfrüchte hergestellt zu haben, welche für weitere Forschungen den Boden gegeben hat. Genaue Kenntnis der Organe des Obstbaums sowie der pomologischen Terminologie (Kunstsprache) sind für das Studium der P. notwendige Vorbedingungen, abgesehen von der nötigen Bekanntschaft mit der pomologischen Litteratur. Bei den pomologischen Bestimmungen kommen zunächst die Früchte nach ihrer Form, Größe und Farbe, dann nach ihrer Schale, dem Stengel und dessen Einsatz und nach dem Kelch in Betracht; doch geben das Fleisch, das Kernhaus beim Kernobst und der Stein beim Steinobst sowie der Durchschnitt der Frucht ganz bestimmte Merkmale, welche zur Feststellung der Sorten benutzt werden. Zu gleichem Zweck sind die Blätter der Fruchtzweige, die Form der Fruchtaugen, die Blüte und die Blütezeit, die Sommertriebe mit den Blättern zu beobachten und je nach den verschiedenen Fruchtarten zu berücksichtigen. Die Bestrebungen der neuern Pomologen gehen dahin, eine bestimmtere Klasseneinteilung zu finden, in welcher außer der Form und Farbe der Frucht besonders auch vegetative Verhältnisse mit in Betracht zu ziehen sind. Die Versammlungen der deutschen Pomologen haben in der Neuzeit vieles zur Sichtung und Berichtigung der Sorten beigetragen, und namentlich war es die in Gotha, in welcher der Beschluß zur Herausgabe des illustrierten Handbuchs gefaßt wurde, das in dieser Beziehung Wichtiges zu Tage förderte.

Empfohlene Zitierweise:
verschiedene: Meyers Konversations-Lexikon, 4. Auflage, Band 13. Bibliographisches Institut, Leipzig 1889, Seite 218. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Meyers_b13_s0218.jpg&oldid=- (Version vom 21.5.2022)