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verschiedene: Meyers Konversations-Lexikon, 4. Auflage, Band 12

mit den unten bei c im sogen. Grundwerk b liegenden Messern (3–20 an der Zahl) das Zermalmen bewirken, zugleich aber auch die Masse nach m l hinauf- und über den Sattel oder Berg l hinwegschieben. Zur Entfernung der sich ablösenden Schmutzteilchen und des Sandes dient die vor dem Kropf liegende Rinne (Sandfang) o sowie die Waschtrommel s und die bei r gezeichnete Waschscheibe. Letztere ist ein mit feinem Drahtsieb überzogener Rahmen, gegen welchen der Holländerinhalt geschleudert wird, wodurch das Wasser mit dem Schmutz durchfliegt und seitwärts durch q abläuft. Erstere ist eine ebenfalls mit Drahtsieb überzogene, sich langsam drehende Trommel, in deren Inneres das schmutzbeladene Wasser dringt, um durch einen Heber abzulaufen. Durch Einschieben der Blindscheiben p können die Waschscheiben außer Thätigkeit gesetzt werden, was am Ende des Mahlprozesses zur Vermeidung von Faserverlust notwendig ist. Um endlich die Messer nach und nach schärfer angreifen zu lassen, ist (Fig. 2 der Tafel) die Walze mit ihren Zapfen in Hebeladen gelegt, welche durch eine Schraube mit Handrad allmählich gesenkt werden. Das Mahlen erfolgt in zwei Absätzen in zwei Holländern. In dem ersten Absatz handelt es sich um das Zerreißen oder Zermalmen der Lumpen zu sogen. Halbzeug, in dem zweiten um die Verfeinerung zu fertigem Zeug, Ganzzeug (Halbzeug- und Ganzzeug-Holländer). Beim Mahlen wird zugleich eine der zu produzierenden Papiersorte angepaßte Mischung verschiedener Halbzeuge sowie der Zusatz andrer Stoffe (Holzzeug und Füllstoff [Schlämmkreide, Thonerde, Blanc fixe, Gips etc.]), das Bläuen durch Ultramarin etc., das Leimen mittels eines Harzleims und, natürlich vor jedem Zusatz das Bleichen der Lumpen vorgenommen. Letzteres wird gewöhnlich durch Chlorkalk bewirkt, der, in passenden Mengen in Wasser gelöst, dem Zeug im Holländer beigemengt wird. Üblich ist auch das Bleichen in besondern Bleichkammern mittels Chlorgas, das auf das durch Zentrifugieren entsprechend entwässerte Zeug zur Wirkung gelangt. Das zu verwendende Quantum Chlorkalk variiert zwischen 1 und 8 kg auf 100 kg trocken gedachte Lumpen.

Da die Lumpen zur Erzeugung des Papiers nicht mehr ausreichen, so spielen ihre Surrogate eine wichtige Rolle. Große praktische Bedeutung haben namentlich Holzstoff, Stroh und Esparto gewonnen. Über die Herstellung des Holzstoffs s. d. Der auf chemischen Wege gewonnene Holzstoff (Cellulose) hat wegen der Beseitigung der inkrustierenden Materien bessere Qualität als der geschliffene und findet daher besonders als Zusatz zu feinen Papieren Verwendung. Holzstoff im allgemeinen wird dem Halbzeug in Quantitäten von 15–90 Proz. zugesetzt. Strohstoff wird fast auf dieselbe Weise gewonnen wie die Holzcellulose, nämlich durch Kochen in Laugen. Leichter als Stroh ist das Esparto zu verarbeiten. Die Pflanze wird sorgfältig von Wurzeln und Unkraut gereinigt und dann im Kochkessel mit Natronlauge bei einem Druck von 2–3 Atmosphären gekocht. Die weiche Masse kann ohne weiteres im Holländer zu Halbzeug vermahlen, dann gebleicht und in Ganzzeug verwandelt werden. Von gutem spanischen Rohmaterial gewinnt man 42–50, von algerischem nur 40–45 Proz. an Fasern, die sich durch große Festigkeit, weiße Farbe und bedeutende Verfilzungsfähigkeit auszeichnen und deshalb in England schon die ausgedehnteste Verwendung zu den feinsten Brief- sowie den festen Banknotenpapieren gefunden haben.

II. Bildung des Papiers. Die Bildung des Papiers erfolgt dadurch, daß man das entsprechend mit Wasser verdünnte Ganzzeug auf ein Metallsieb bringt, zum Zweck der Faserverfilzung und der Entwässerung auf und mit diesem Sieb gehörig schüttelt, das entstandene, noch durch und durch nasse Blatt auf einen wasseransaugenden Filz bringt und endlich durch Pressen und Trocknen an der Luft oder in künstlicher Wärme gänzlich vom Wasser befreit. Je nachdem diese Operationen sämtlich durch Menschenhände oder durch Maschinen ausgeführt werden, unterscheidet man die Hand- und Maschinenfabrikation, Hand- und Maschinenpapier. Bei der erstern Art läßt man zunächst das Ganzzeug in einen größern hölzernen, steinernen oder aus Zement hergestellten Behälter, die sogen. Bütte (daher das Handpapier auch Büttenpapier genannt wird), ab, in dem ein Rührapparat dasselbe fortwährend in Bewegung und ein kleiner Ofen (Blase) oder ein Schlangendampfrohr

Fig. 3. Handpapierform.

warm erhält. Aus dieser Bütte hebt ein Arbeiter (Büttgeselle oder Schöpfer) eine Portion Zeug vermittelst der sogen. Form und schüttelt diese so lange, bis das Wasser abgelaufen ist. Die Form (in Textfig. 3 in einem Teil dargestellt) besteht aus einem hölzernen Rahmen a mit einem darübergespannten, durch aufgenagelte Streifen i festgehaltenen Drahtsieb b und einem abnehmbaren Deckel c. Zum Tragen des Siebes dienen die Stege d mit einem Rost e aus Drahtstäben, welche mit den Bindedrähten f festgehalten werden und die Querdrähte g, h tragen, welche die obern Drähte b unverschiebbar aufnehmen. Diese Formen heißen gerippt, weil das P. von den parallelen Drähten ein geripptes Aussehen erhält; besteht das Sieb aus Drahtgewebe mit viereckigen Maschen, so heißt die Form Velin. Nach dem Schütteln schiebt der Schöpfer die Form ohne Deckel (den er in der Hand behält, um ihn von neuem auf eine vorgeschobene leere Form zu legen) auf dem Büttenbrett einem Gehilfen (Gautscher, Kautscher) zu, der dasselbe mit dem Papierblatt nach unten auf ein Stück verfilztes Wollengewebe (Filz) drückt (Gautschen, Kautschen), auf welchem bei behutsamer Abnahme der Form das P. unversehrt liegen bleibt. Nachdem man auf solche Weise und durch abwechselndes Übereinanderschichten von Filz und P. einen Stoß von 180 Bogen und 181 Filzen (Bauscht, Buscht, Pauscht) hergestellt hat, bringt man denselben in eine große Presse (Büttenpresse) zum Abpressen des ersten Wassers (Naßpressen). Hiernach legt ein dritter Arbeiter (Leger) die Stöße auseinander, nimmt die Bogen heraus und unterwirft sie neuerdings ohne Filze (im weißen Bauscht) einer Pressung und endlich einer Trocknung durch

Empfohlene Zitierweise:
verschiedene: Meyers Konversations-Lexikon, 4. Auflage, Band 12. Bibliographisches Institut, Leipzig 1888, Seite 675. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Meyers_b12_s0675.jpg&oldid=- (Version vom 18.3.2021)