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verschiedene: Meyers Konversations-Lexikon, 4. Auflage, Band 12

August und September zu wiederholen, und je nach der Größe des Baums wendet man ¼–¾ kg von jeder Dungart an. Alte, sonst aber noch gesunde Bäume kann man durch Abwerfen der Äste nach und nach innerhalb dreier Jahre, stets aber im Frühjahr, verjüngen. Die bald darauf erscheinenden jungen Triebe sind so auszulichten, daß nur wenige an geeigneten Stellen stehen bleiben und die Krone neu bilden. Ist der Baum von schlechter Sorte, so kann er gleichzeitig mit einer bessern versehen („umgepfropft“) werden.

Zwergobstbäume.

Die Zwergobstbäume zeigen gewöhnlich ein schwächeres Wachstum und reichlichern Blütenansatz. Ihre Behandlung durch den Schnitt (Formbäume) ist folgende: Die Pyramide soll in der Mitte einen kräftigen Stamm haben, von dem in der Entfernung von 35 cm untereinander die Leitäste sich entwickeln; diese werden, von unten angefangen, im Frühjahr so kurz geschnitten, daß jedes Auge zum Austreiben kommt, der Stamm über einem Auge, das verspricht, denselben gerade nach oben fortzusetzen, die obern Leitäste kürzer als die untern, so daß schon dadurch die Pyramidenform hergestellt wird. Sollte sich irgendwo eine Lücke zeigen, so kann durch einen Einschnitt bis ins Holz über einem in der Lücke befindlichen Auge der fehlende Zweig hervorgelockt werden. Zu stark treibende Organe können durch Herabbinden oder durch kurzen Schnitt, also über einem schwachen Auge, zu mäßigem Wachstum gezwungen werden. Ende Mai werden sämtliche Augen ausgetrieben haben; die Seitentriebe der Leitäste werden nach und nach entspitzt (pinziert), die obern kurz, die untern etwas länger, ebenso die jungen Triebe des Stammes, die werdenden Leitäste, um die Pyramidenform festzuhalten und dadurch den Saft in die untern Organe zu leiten; die jungen Triebe zur Fortsetzung des Stammes und der Leitäste werden nicht entspitzt. Die entspitzten Triebe werden nun 1–2 Seitentriebe bilden; um diese zu gunsten der zu Blütenknospen bestimmten untern Augen zu schwächen, werden ihnen Anfang Juni bis Ende Juli 3, 4, 5 Blätter genommen, je nachdem sie weiter wachsen, aber niemals die Spitze, weil deren Verlust ein drittes Austreiben verursachen würde. Während im Frühling die Leitzweige wie im vorigen Jahr verkürzt werden, schneidet man die Seiten- (Blüten-) Zweige über dem untersten kräftigen Auge des jüngsten Triebes; mit dem Entspitzen, bez. Entblättern wird wie im vorigen Jahr verfahren. Die Flügel- und Kronpyramide wie auch der Trauerbaum werden an Draht gezogen, ebenso der Spalierbaum; er unterscheidet sich von der Pyramide durch die Stellung seiner Äste, welche nicht in einer Spirallinie um den Stamm stehen, sondern paarweise, möglichst einander gegenüber rechts und links die möglichst wagerechten Leitäste bilden, während auch hier die Fortsetzung des Stammes eine gerade Richtung annehmen soll; die Entfernung der Astpaare unter sich soll hier 25–30 cm betragen. Der Frühjahrsschnitt der Leitzweige ist ähnlich wie bei den Pyramiden: die untern lang, die obern kürzer, bis sie ihre Grenzen erreicht haben und dann miteinander durch Impfung vereinigt werden können. Die Frühjahrstriebe dürfen dagegen hier beinahe gleich lang entspitzt werden, weil deren Wachstum bei der wagerechten Richtung der Äste ein ziemlich gleichmäßiges sein wird. Die Anwendung dieser Regeln auf die Schnurbäumchen (horizontale Guirlanden) ergibt sich von selbst. Die Sommerbehandlung der Pfirsichspaliere, nach ihnen auch der Aprikosen und andrer Steinobstspalierbäume sollte etwas sorgfältiger ausgeführt werden, ist aber ganz einfach: Die Frühjahrstriebe der Seitenaugen entspitze man baldigst auf drei Augen; von den daraus wachsenden zwei Sommertrieben wird der untere auf drei, der obere auf fünf Augen entspitzt, was zur Folge haben wird, daß ersterer nicht mehr, letzterer aber an der Spitze noch einmal austreiben und auf seiner ganzen Länge Doppel-, d. h. Blüten- und Blattknospen bilden wird. Etwanige dritte Triebe werden im nächsten Frühjahr über dem Astring abgeschnitten und der untere Zweig mit seinen drei Augen wie der vorjährige behandelt, während der obere, nachdem er seine Früchte gereift hat, weggeschnitten wird. Walnuß- und Maronenbäume werden nur so viel beschnitten, als zur Bildung der Krone nötig.

Kübel- und Topfkultur, Krankheiten.

Die Obstbaumzucht in Kübeln und Töpfen liefert die köstlichsten Früchte mit größerer Sicherheit, wenn auch nicht in gleicher Menge wie im O. Man pflanzt hierzu zweijährige oder schon tragbare, auf schwach treibende Unterlagen veredelte Bäumchen in mäßig große Töpfe (20–30 cm oberer Weite), später in größere, selbst in Kübel mit einer Mischung von Mistbeet- und Lauberde mit Ziegel- und Kalksteinstückchen, Holzkohlen und Sand zur Lockerung, auf welche zur Zeit des Wachstums Kuhfladen gelegt werden, oder die durch Gießen mit vergornem Dungwasser (Abtrittsdung, Hornspäne, Knochenmehl, Guano u. a. in Wasser) genügend Nahrung erhält. Während des Sommers stehen die Bäumchen, bis an den Rand der Töpfe im Erdboden oder in Asche versenkt, auf einem sonnigen, vor starken Winden geschützen Platz und werden im übrigen, namentlich beim Beschneiden, wie Zwergobstbäume behandelt (s. oben). Im Winter stellt man sie an einem vor Temperaturwechsel geschützen Ort auf, im Keller, in einer Eisgrube, auch im Freien, bedeckt aber in letzterm Fall die Töpfe mit Laub; bis nach der Blütezeit bleiben sie auf einem gegen starke Sonne, Winde und Nachtfröste geschützen Ort oder müssen durch andre Mittel vor diesen verwahrt werden. Hauptsache: reichliches Gießen während des Wachstums, Bespritzen während des ganzen Sommers zweimal täglich, Schutz vor Frühjahrsfrösten und durch zweckmäßiges Beschneiden gleichmäßige Verteilung der Trieb- und Blütenknospen. Verpflanzen geschieht wie bei andern Topfgewächsen. Sorten: Pfirsiche: Amsten, Early Crawford, Georg IV. Aprikosen: frühe Moorpark, von Nancy. Süßkirschen: Elton, Luzien, große Prinzessin. Sauerkirschen: Ostheimer Weichsel, Schattenmorelle, Süßweichsel von Olivet. Pflaumen: gelbe und Rangheris Mirabelle, Anna Späth, gelbe Alutscha-Arik (vom Kaukasus). Birnen: Amanlis, Clairgeaus, Diels Butterbirne, Esperens Bergamotte. Äpfel: virginischer Rosenapfel, Orléans-, Pariser Rambour- und Oberdiecks Reinette, Goldparmäne. Traubensorten: Diamant-, Muskat-, Pariser und früher Gutedel, Malinger, früher Burgunder, früher Malvasier. Von Stachel- und Johannisbeeren die besten, großfrüchtigen Sorten. Feigen, die nur bei viel Feuchtigkeit und viel Nahrung sich gut entwickeln: große violette, frühe weiße, Kennedy Castle. Feigensträucher werden am besten im trocknen Keller überwintert.

Den Krankheiten der Obstbäume muß man zuvorzukommen suchen, denn sie zu heilen, ist schwer, wenn nicht unmöglich. Dem Frostschaden an empfindlichen Baumarten beugt man vor bei den Spalierbäumen durch Decken mit Stroh oder Fichtenreisig

Empfohlene Zitierweise:
verschiedene: Meyers Konversations-Lexikon, 4. Auflage, Band 12. Bibliographisches Institut, Leipzig 1888, Seite 312. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Meyers_b12_s0312.jpg&oldid=- (Version vom 17.3.2021)