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verschiedene: Meyers Konversations-Lexikon, 4. Auflage, Band 12

und gefallenes O. ist, gekocht und mit anderm Futter gemengt, ein treffliches Nahrungsmittel für Schweine und Rindvieh; aus unreifen Äpfeln kann man Stärkemehl auf gewöhnliche Weise gewinnen. O. wird in rohem, gekochtem und getrocknetem Zustand genossen. Rohes O. wird bei uns in der Masse der Bevölkerung meist als Zuspeise zu Brot genossen. Feines O. ziert als Nachtisch die Tafel der Wohlhabenden, u. es wird damit von jeher ein großer Luxus, namentlich in den großen Städten, bei uns aber sehr viel weniger als in Frankreich, getrieben. Schon bei den Griechen und Römern fehlte O., namentlich Oliven, Weintrauben und Feigen, niemals beim Nachtisch, wurde auch zum Frühstück, dann aber meist in getrocknetem Zustand genossen. In Paris und Petersburg zahlt man gegenwärtig für O., Pfirsiche, Birnen, auch feine Äpfel in besonders schönen Exemplaren, sehr hohe Preise. Solche Exemplare werden selbst vermietet, um bei Diners als Schaustücke in den Fruchtschalen zu dienen. Vgl. Lucas,[WS 1] Anleitung zum Obstdörren (5. Aufl., Stuttg. 1881); Fischer, Handbuch der Obstkultur und Obstverwertung (Leipz. 1886); Lämmerhirt, Die Obstverwertung (Berl. 1885); Böttner, Lehre der Obstkultur und Obstverwertung (Oranienburg 1885–86, 3 Bde.); Gaerdt, Die Aufbewahrung frischen Obstes etc. (Frankf. a. O. 1886).

Obstagĭum (lat.), das Einlagern (s. d.).

Obstākel (lat.), Hindernis.

Obstbaumzucht, s. Obstgarten.

Obstētrik (Ars obstetricia), Entbindungskunst (s. Geburtshilfe).

Obstētrix (lat.), Geburtshelferin, Hebamme.

Obstgarten, Abteilung des Nutzgartens, in welcher Obstarten angepflanzt und gepflegt werden. Hochstämmige Kronenbäume vertragen sich mit keinem andern Kulturgewächs, müssen also stets in besondern Gärten angepflanzt werden, weil sie dem Erdboden Sonne und Luft entziehen, ohne welche namentlich Gemüse nicht gedeihen. Dagegen können Zwergobstbäume und Beerensträucher mit Vorteil auch im Gemüsegarten gezogen werden. Die Anzucht der Obstbäume geschieht in der Baumschule (s. d.) durch Wildlinge (s. d.) und deren Veredelung (s. Impfung); von dort verpflanzt man sie in kräftigen Exemplaren in den O. Derselbe soll gegen Stürme einigermaßen geschützt sein, aber der freie Luftzug darf in keiner Weise gehindert sein. Jedenfalls ist der O. gegen unberufene Eindringlinge zu schützen und durch Drainierung von stehender Nässe oder zu hohem Grundwasser zu befreien. Die Obstarten wählt man in der Hauptsache nach dem vorhandenen Boden: im lehmigen Sandboden mit ähnlichem Untergrund gedeihen alle Obstarten gut, im sandigen Lehm besonders Äpfel, im fruchtbaren, tiefgrundigen, nicht nassen Sand Birnen, Walnüsse und Maronen, Süßkirschen im warmen, sandigen Gerölle von Kalkstein oder auf ähnlichen Bergen, ebenso Sauerkirschen, die aber schon mehr fetten Boden vertragen, zur Not auch im magersten Boden noch einigen Ertrag liefern; Pflaumen mit ihren nicht tiefgehenden Wurzeln kann man noch auf verhältnismäßig feuchtem, flachem Boden pflanzen. Äpfel-, Birnen-, Süßkirschen- und Walnußbäumen in hochstämmiger Kronenform gebe man 6–8 m Zwischenraum unter sich, den Walnußbäumen, wenn sie allein stehen, noch mehr, weil sie groß und sehr alt werden können. Sauerkirsch- und Pflaumenbäume begnügen sich mit 4–5 m Zwischenraum, den größten stets in gutem, den kleinern in schlechtem Boden, weil sie in ersterm größer werden; der Raum zwischen den Zwergobstbäumen und Beerensträuchern richtet sich nach

der Bedeutung der Zwischenkulturen, die mit ihnen gleichzeitig gebaut werden. Zieht man die regelmäßige Form im O. vor, dann pflanze man die Bäume in Reihen und in „Verband“, d. h. die Bäume der einen mitten zwischen die der andern Reihe; man pflanze in hartem Klima, auf nassem, nicht entwässertem Boden und nicht ganz harte Baumarten im Frühjahr, in allen andern Fällen aber im Herbst, am besten bald nach Abschluß des Wachstums, im September, wobei aber die Blätter entfernt werden müssen, weil sie die im Baum befindliche Feuchtigkeit, seine Säfte, verdunsten, ohne daß solche durch die Wurzeln ersetzt werden könnten, welche ihre Thätigkeit erst beginnen, wenn sie neue Spitzen gebildet haben. Dies geschieht allerdings im Frühherbst sehr bald, während im Frühjahr gepflanzte Bäume erst gleichzeitig mit der Entwickelung der Blätter sich von neuem bewurzeln. Auf bindigem oder nassem Boden, der aus irgend einer Ursache nicht entwässert werden konnte, pflanzt man am besten nach der Manteuffelschen Methode oben auf die Erde. Gewöhnlich aber pflanzt man in Gruben von 1–1,3 m Durchschnitt und 0,6–1 m Tiefe (näheres s. Baumsatz). Außer den Wurzeln wird auch, im Frühjahr, die Krone beschnitten; diese besteht aus der Fortsetzung des Stammes in der Mitte und aus 4–5 von diesem ausgehenden Mutter- oder Leitästen; was sich außer diesen noch am Stamm befindet, schneidet man weg. Die Nebenzweige der Leitäste verkürzt man, die Spitzen der letztern aber läßt man unberührt, denn sie entwickeln aus ihren Endaugen die ersten Blätter, und diese tragen bedeutend zur schnellen Wurzelbildung und damit zum sichern und schnellen Anwachsen des Baums bei. Ende Juni sind auch die Leitäste um ein Drittel zu verkürzen; der sogen. zweite Trieb entwickelt kräftige Triebe, durch welche die normale Weiterbildung der Krone gesichert wird. Über den neubepflanzten O. legt man vorteilhaft eine Karte an, auf der jeder Baum aufzufinden und mit einer Nummer versehen ist, die auf dieselbe Nummer des Buches verweist, das Namen, Herstammung, Zeit der Pflanzung und der jährlichen Tragbarkeit nachweist, und in dem man die Eigenschaften der Sorte: Reifezeit, Güte, Anwendung (ob für Tafel oder Haushalt), Haltbarkeit der Frucht, Zeit und Widerstandsfähigkeit der Blüte etc., notiert. Nur durch allgemein fortgeführte Aufzeichnungen solcher Art im Buche gelangt man zur Kenntnis und Verbreitung unsrer guten Obstsorten. In Beziehung auf den Schnitt werden die Kronenbäume in den ersten Jahren ganz wie die unten behandelten Pyramiden behandelt, wegen regelmäßiger Fortbildung der Krone und zur Erzielung baldigen Blütenansatzes. Später werden nur dürre und zu dicht stehende Äste herausgeschnitten, wonach die Wunde zu glätten und mit Baumwachs (s. Impfung) zu bedecken ist. Bei großen Wunden thut auch Steinkohlenteer gute Dienste; sogen. Wasserreiser und Wurzeltriebe sind zu entfernen. Die lose Rinde, Moos, Flechten sind abzubürsten, der Stamm und die Hauptäste jeden Herbst mit in Wasser aufgelöster schwarzer Seife zu waschen und mit Kalkmilch zu überziehen. Im Sommer, hauptsächlich im Juni, müssen die Bäume gegossen werden, stets aber in möglichster Tiefe und im Umkreis der Krone, zu welchem Zweck man mit dem Locheisen 6–20 Löcher in den Erdboden stößt und diese wiederholt mit überschlagenem Wasser füllt, dem zur Düngung Kloakendung und bei schlechtem Untergrund, der die Blütenbildung nicht zuläßt, Superphosphat und schwefelsaures Kali zugesetzt werden. Diese Düngung ist im

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verschiedene: Meyers Konversations-Lexikon, 4. Auflage, Band 12. Bibliographisches Institut, Leipzig 1888, Seite 311. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Meyers_b12_s0311.jpg&oldid=- (Version vom 17.3.2021)