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verschiedene: Meyers Konversations-Lexikon, 4. Auflage, Band 11

Magnetkies und noch einige viel Eisen enthaltende M., zu denen noch eine Mehrzahl kommt, die sich nach dem Glühen als magnetisch erweisen. – Als physiologische Merkmale endlich werden auf Geschmack, Geruch und Gefühl wirkende Eigenschaften der M. aufgeführt, unter ihnen einige zur rohen Bestimmung recht nützliche, wie der Geschmack des Steinsalzes, des Sylvins, der eigentümliche Geruch, den thonige M., namentlich nach dem Anhauchen, zeigen, ferner der bituminöse, welcher entweder direkt oder noch häufiger nach dem Anschlagen beobachtet wird, endlich das eigentümlich fettige Gefühl, welches die Berührung des Talks und des Graphits hervorruft. Auch das Adhärieren an befeuchteter Lippe, welches hygroskopische M. (Thone, bestimmte Opalvarietäten) zeigen, gehört hierher. – Von ganz besonderer Wichtigkeit sind die chemischen Eigenschaften der M. Die Mineralspezies sind, wie schon hervorgehoben, feste chemische Verbindungen, welche sich einer bestimmten chemischen Formel unterordnen. Weder die Beobachtung, daß Körper gleicher chemischer Zusammensetzung in verschiedenen Kristallsystemen kristallisieren, d. h. mehr denn eine Mineralspezies bilden (Heteromorphismus, s. d.), noch die in gewissem Sinn vorhandene Dehnbarkeit der Formel isomorpher Mineralreihen (s. Isomorphie) können die allgemeine Gültigkeit dieses Satzes angreifen. Diese hervorragende Wichtigkeit der chemischen Zusammensetzung findet ihren Ausdruck darin, daß neuerdings vorwiegend sogen. chemische Systeme bei der Anordnung der Mineralspezies angewandt werden. Nach Zirkels Bearbeitung von Naumanns „Elementen der Mineralogie“ gliedern sich die M. wie folgt:

I. Klasse. Elemente und deren isomorphe Mischungen; mit den Ordnungen der Metalloide und der Metalle (unedle spröde, unedle geschmeidige und edle).
II. Klasse. Schwefelverbindungen und die des Selens, Tellurs, Arsens, Antimons und Wismuts; mit den Ordnungen der einfachen Sulfide (Selenide etc.), der Sulfosalze und der Oxysulfuride.
III. Klasse. Oxyde; mit den Ordnungen der Anhydride und der Hydroxyde und Hydrate.
IV. Klasse. Haloidsalze; mit den Ordnungen der einfachen Haloidsalze und der Doppelchloride und -Fluoride sowie einem Anhang: Oxychloride.
V. Klasse. Sauerstoffsalze (Oxysalze); mit den Ordnungen der Aluminate und Ferrate, Borate, Nitrate, Carbonate, Selenite, Arsenite und Antimonite, Sulfate, Chromate, Molybdate, Wolframiate und Uranate, Tellurate, Phosphate, Arseniate, Vanadinate, Niobate und Tantalate, Antimonate, Silikate, Verbindungen der Silikate mit Titanaten, Zirkoniaten, Niobaten und Vanadinaten, Titanate. Von diesen Ordnungen zerfallen die meisten in zwei Unterordnungen, je nachdem die betreffenden Verbindungen wasserfrei oder wasserhaltig sind. Die Silikate werden in folgende „natürliche Gruppen“ untergeteilt: Andalusitgruppe, Turmalingruppe, Epidotgruppe, Olivingruppe, Willemitgruppe, Granatgruppe, Helvingruppe, Skapolithgruppe, Nephelingruppe, Glimmergruppe, Clintonitgruppe, Chloritgruppe, Talk- und Serpentingruppe, Augit- und Hornblendegruppe, Cordieritgruppe, Feldspatgruppe, Zeolithgruppe, Thongruppe nebst Anhängen: allerlei Metallsilikate.
VI. Klasse. Organische Verbindungen und deren Zersetzungsprodukte; mit den Ordnungen: Salze der organischen Säuren, Kohlen, Harze und Kohlenwasserstoffe.

Dem Werte der chemischen Zusammensetzung für die Systematik entsprechend, ist die Untersuchung der chemischen Eigenschaften behufs Bestimmung der M. in erster Linie wichtig, so zwar, daß die Konstatierung physikalischer und morphologischer Merkmale mehr als eine Hilfsuntersuchung, die erfahrungsmäßig auch zur Eruierung der chemischen Zusammensetzung führen kann, betrachtet werden muß. Für die chemische Untersuchung bedient sich die Mineralogie im allgemeinen der gleichen Methoden wie die anorganische Chemie, und nur für eine schnelle Bestimmung des zweifellos schon bekannten Materials wird mit Vorliebe der sogen. trockne Weg unter möglichst ausgiebiger Benutzung des Lötrohrs behufs Vornahme von Schmelzversuchen, Färbungen von Glasflüssen (Borax-, Phosphorsalzperlen) etc. gewählt. Weisbach, Hirschwald, Haushofer u. a., besonders aber Kobell haben diese Methode eines abgekürzten Wegs qualitativer Analyse ausgebaut und Anleitungen dazu publiziert. – Eng mit der chemischen Natur der M. hängt die Art und Weise ihrer Bildung zusammen. Für einen verhältnismäßig nur kleinen Bruchteil der Mineralspezies liegen direkte Beobachtungen vor; für weitaus die meisten sind wir als Epigonen der Prozesse ihrer Bildung auf Analogien und Hypothesen angewiesen. Erfahrungsmäßig bilden sich viele Silikate (Feldspate, Nephelin, Leucit, Augit, Hornblende, Glimmer), aber auch Phosphate (Apatit) und Oxyde (Magneteisen, Quarz) durch direkte Abscheidung aus den heißen, der Erkaltung unterliegenden Schmelzflüssen der den Vulkanen entströmenden Laven. Andre bei demselben Vorgang sich bildende M. sind durch Sublimationen entstanden, sei es, daß ihre chemische Natur eine direkte Vergasung durch Hitze und Wiederverfestigung durch Abkühlung anzunehmen erlaubt (so Salmiak, Steinsalz, Chloreisen), sei es, daß sich offenbar während der Sublimation Wechselzersetzungen vollzogen haben (Eisenglanz, gebildet durch die Einwirkung von Wasserdampf auf sublimierendes Chloreisen). Im Gegensatz hierzu vollzieht sich beispielsweise die Bildung des Gipses bisweilen auf einfach wässerigem Weg: Verdunstung einer Gipslösung. Bei andern Neubildungen ähnlicher Art spielen sich gleichzeitig kompliziertere Wechselwirkungen ab (so Gipsbildung durch Einwirkung oxydierenden Eisenkieses auf kohlensaures Calcium, Absatz der Carbonate aus Kohlensäure haltenden Wässern, Aufnahme von Wasser und dadurch Überführung wasserfreier Substanzen in wasserhaltige, Zeolithe aus Feldspaten, Gips aus Anhydrit, Bildung von Oxyden durch den Sauerstoff, von Carbonaten durch die Kohlensäure der Atmosphäre). Endlich können Organismen einen hervorragenden Anteil an der Bildung von Mineralspezies nehmen: die aus Kieselsäure oder aus Calciumcarbonat bestehenden innern oder äußern Skelette der Tiere oder Pflanzen (Diatomeen), die Holzfasern der Pflanzen werden gelegentlich in großer Masse aufgehäuft und gehen durch Umwandlungsprozesse in rein mineralische Substanzen über (Vivianit in Tierknochen, Polierschiefer aus Diatomeen bestehend, Verkohlungsprozeß). Über die eminente Bedeutung, welche die sogen. Pseudomorphosen als Signale bestimmter natürlicher Bildungs- und Umbildungsprozesse besitzen, vgl. Pseudomorphosen. Endlich können zur Erklärung der mutmaßlichen Bildungsweise der M. Experimente dienen, durch welche mit den natürlich vorkommenden identische chemische Verbindungen erzeugt werden. Die umfangreiche Litteratur über derartige Versuche findet sich in Fuchs’ „Die künstlich dargestellten M.“ (Haarlem 1872) übersichtlich zusammengestellt. Der Verallgemeinerung der dabei gewonnenen Resultate stellt sich die Schwierigkeit entgegen, daß sich die Natur in vielen Fällen nachweisbar eines mehrfachen Wegs bedient, um dieselbe Mineralspezies hervorzubringen. So ist Schwefel bald Sublimationsprodukt, bald Quellabsatz (durch Zersetzung des in den sogen. Schwefelquellen enthaltenen

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verschiedene: Meyers Konversations-Lexikon, 4. Auflage, Band 11. Bibliographisches Institut, Leipzig 1888, Seite 648. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Meyers_b11_s0648.jpg&oldid=- (Version vom 30.9.2022)