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verschiedene: Meyers Konversations-Lexikon, 4. Auflage, Band 11

die größte Freskomalerei, die Frankreich besitzt, verlor aber schnell das schöne Kolorit, da der Künstler die Farben auf dem Kalkgrund nicht gehörig zu behandeln gewußt hatte. Später führte er für das Schloß von Versailles verschiedene Bilder aus. In der Folge erhielt er auch die Stellen eines Direktors der königlichen Kunstsammlungen, eines Direktors und Kanzlers der Akademie der Künste und die oberste Aufsicht über die Manufaktur der Gobelins. Er starb 30. Mai 1695 in Paris. Seine Gemälde leiden an den Mängeln der Kunstrichtung seiner Zeit, besonders an Kälte und konventionellem Wesen; dagegen ist sein aus der venezianischen Schule stammendes Kolorit wärmer und harmonischer, auch übertreffen seine Gestalten, namentlich die Madonnen, die seiner französischen Zeitgenossen an Anmut. Seine Porträte sind die besten und geistvollsten dieser ältern französischen Schule. Im Louvre befindet sich eine bedeutende Anzahl seiner Gemälde; viele seiner Werke sind durch den Stich vervielfältigt worden. Eins seiner hervorragendsten Bildnisse, das der Maria Mancini, besitzt das Berliner Museum. Vgl. Lebrun-Dalbanne, Étude sur P. M. (Par. 1878).

Mignardise (franz., spr. minj-, „Zierlichkeit“), leinene oder baumwollene Börtchen, dienen als Grundlage für Häkelarbeiten, die zum Besetzen von Wäsche etc. benutzt werden sollen.

Migne (spr. minj), Jacques Paul, namhafter katholischer Theolog, geb. 25. Okt. 1800 zu St.-Flour, begründete in Petit Montrouge bei Paris eine großartige (1868 abgebrannte) Buchdruckerei, aus welcher außer zahlreichen andere theologischen Werken der schon mehrere hundert Bände umfassende „Patrologiae cursus completus sive bibliotheca universalis s. patrum et scriptorum ecclesiasticorum“ (erste, latein. Serie seit 1844; 2. Aufl. 1878; zweite, griech. seit 1857), die „Encyclopédie théologique“ (99 verschiedene Lexika in 168 Bdn.) und (seit 1833) Journale, wie „L’Univers religieux“ u. „La Vérité“, hervorgegangen sind. Er starb 24. Okt. 1875 in Paris.

Mignet (spr. minjä́), François Auguste Alexis, ausgezeichneter franz. Geschichtschreiber, geb. 8. Mai 1796 zu Aix, studierte mit seinem Freunde Thiers daselbst die Rechte und wurde 1818 Advokat. Der Erfolg seiner Preisschrift „De l’état du gouvernement de saint Louis et des institutions de ce prince“ (Par. 1822), die gekrönt ward, bestimmte ihn, sich der Litteratur zu widmen. Er wandte sich 1821 nach Paris und beteiligte sich bei der Redaktion des liberalen Oppositionsblattes „Courrier français“, bis er 1830 zu dem von Thiers neugegründeten „National“ überging. Gleichzeitig hielt er geschichtliche Vorlesungen am Athénée und schrieb seine berühmte „Histoire de la révolution française“ (Par. 1824, 2 Bde.; 13. Aufl. 1880; deutsch von Burckhardt, Leipz. 1842, 2 Bde.; von Köhler, das. 1873), worin er in glänzender Sprache, jedoch nicht frei von Tendenz, den ursachlichen Zusammenhang der einzelnen Revolutionsereignisse entwickelte. Nach der Julirevolution, bei der er durch Teilnahme an dem Protest der liberalen Journalisten thätig war, erhielt er den Titel eines Staatsrats und wurde Direktor des ungemein reichhaltigen und wichtigen Archivs im Ministerium des Auswärtigen. 1832–35 war er Mitglied der Kammer. Bei der Gründung der fünften Klasse des Instituts der Akademie (Académie des sciences morales et politiques) 1832 ward er zum Mitglied derselben und später zu ihrem Sekretär, 1836 aber zum Mitglied der französischen Akademie ernannt. Die geistreichen Gedächtnisreden, die er als Sekretär der fünften Klasse des Instituts gehalten hat, sowie einige kürzere Aufsätze finden sich in den „Notices et mémoires historiques“ (Par. 1843, 2 Bde.; 3. Aufl. 1854; deutsch von Stolz, Leipz. 1843, 2 Bde.) und den „Nouveaux éloges historiques“ (1877) gesammelt. Als Mitglied des unter Guizots Ministerium gegründeten historischen Komitees gab M. das vortreffliche Werk „Négociations relatives à la succession d’Espagne“ (Par. 1836–44, 4 Bde.) heraus. Die Februarrevolution beraubte ihn seiner Stelle im Ministerium und im Staatsrat, und nach dem 2. Dez. 1851 verzichtete er auch auf den Titel des Vorsitzenden des historischen Ausschusses. Er starb 24. März 1884 in Paris. Noch ist von seinen Werken hervorzuheben: „Antonio Perez et Philippe II“ (Par. 1845, 5. Aufl. 1881; deutsch von Birch, Stuttg. 1844); „Charles-Quint, son abdication, son séjour et sa mort au monastère de Yuste“ (Par. 1854, 10. Aufl. 1882); „Histoire de Marie Stuart“ (das. 1850, 2 Bde.; 6. Aufl. 1884; deutsch von Bülau, Leipz. 1852); „Rivalité de François I et de Charles-Quint“ (Par. 1875, 2 Bde.; 2. Aufl. 1876) und „Études historiques“ (5. Aufl. 1884). Vgl. Trefort, M. und seine Werke (Budapest 1885).

Mignon (franz., spr. minjóng), Liebling (in Goethes „Wilhelm Meister“ Name eines lieblichen weiblichen Wesens); in der Kochkunst Bezeichnung für kleine Filets, welche unter den großen Filets sitzen. S. auch Färberei, S. 41.

Mignon (spr. minjóng), Abraham, Maler, geb. 1640 zu Frankfurt a. M., lernte bei dem Blumenmaler Jakob Moreel, dann bei Jan D. de Heem, war 1665 wieder in Frankfurt und soll daselbst 1679 gestorben sein. Er malte Blumen, Früchte und kleine Tiere mit äußerst fleißigem Pinsel und gewissenhafter Zeichnung sowie Frühstücke mit Weingläsern und Eßgerät gefällig auf Marmortischen gruppiert.

Mignonetten (franz., spr. minjo-), klein gemusterte Kattune, auch zarte, weiße Zwirnspitzen, kleinste Briefoblaten, kleine Kaffeekännchen etc.

Mignonne (franz., spr. minjónn), in der franz. Buchdruckerkunst die kleinste Letterngattung.

Migräne (franz. migraine, verstümmelt aus dem griech. Hemikrania, „halbseitiges Kopfweh“), besondere Art Kopfschmerz, welche gewöhnlich nur eine Seite des Kopfes einnimmt, heftiger ist als der gewöhnliche Kopfschmerz und ohne äußere Veranlassung periodisch wiederkehrt. Die M. betrachtet man als eine Krankheit des sympathischen Nervengeflechts, welche in Form eines Gefäßkrampfes (Hemicrania sympathico-tonica) oder in Form einer Gefäßlähmung (Hemicrania sympathico-paralytica) auftreten kann. Die M. kommt bei beiden Geschlechtern, am häufigsten aber beim weiblichen und bei blutarmen Personen vor. Vielleicht bei der Hälfte aller an M. leidenden Frauen treten die Anfälle nur zur Zeit der Menstruation (s. d.) oder unmittelbar vor derselben ein. In den meisten Fällen datiert der Anfang des Leidens, wenn auch nicht aus der ersten Kindheit, so doch aus den Jahren des Schulbesuchs her. Nachdem sich die Kranken am Tag vor dem Anfall gewöhnlich wohl befunden haben, bemerken sie meist gleich nach dem Erwachen die Vorboten des Anfalls oder den Anfang desselben. Sie sind verstimmt und gereizt, klagen über leichtes Frösteln, haben ein Gefühl von großer Mattigkeit und Abgeschlagenheit, Neigung zum Gähnen, Appetitmangel und pappigen Geschmack im Munde. Dazu stellen sich Kopfschmerzen ein, welche schnell eine fast unerträgliche Höhe erreichen. Abspannung und die Schmerzen treiben

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verschiedene: Meyers Konversations-Lexikon, 4. Auflage, Band 11. Bibliographisches Institut, Leipzig 1888, Seite 596. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Meyers_b11_s0596.jpg&oldid=- (Version vom 26.8.2021)