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verschiedene: Meyers Konversations-Lexikon, 4. Auflage, Band 11

des Thons und gestattet daher die Anwendung niederer Temperaturen beim Brennen. Kalkknollen verursachen, weil sie sich nach dem Brennen löschen, stets das Zerfallen der Steine. Eisenoxyd wirkt ebenfalls als Flußmittel, Sand aber macht den Thon schwerer schmelzbar. Kieselknollen zersprengen den Stein beim Brennen oder machen ihn doch beulig und rissig. Schwefelkies wird beim Brennen zersetzt, und die sich bildende Schwefelsäure kann Salze erzeugen, die später auswittern. Der Rückstand von der Zersetzung des Schwefelkieses verwittert später an der Luft und zerstört den Stein. Enthält der Thon neben Gips auch Magnesia, so kann schwefelsaure Magnesia auswittern. Die Farbe der M. hängt wesentlich von den Beimengungen des Thons ab. Reiner Thon gibt weiße Steine, Eisenoxydgehalt färbt sie gelb, rötlich, rot bis schwarzbraun, je nach seiner Menge und der Temperatur beim Brennen; brennt man aber bei niedriger Temperatur und in reduzierenden Ofengasen, so wird das Eisenoxyd in Oxydul verwandelt, und man kann auch bei Eisengehalt gelbe, selbst weiße M. erzielen. Auch Kalkgehalt gibt bei Gegenwart von Eisen helle Steine. Gute M. müssen mäßig klingend, ziemlich porös sein und sollen nur etwa 7 Proz. Wasser aufsaugen. Zu stark gebrannte M. lassen sich nicht verhauen und nehmen den Mörtel nicht gut an, zu schwach gebrannte werden durch Feuchtigkeit und Frost leicht zerstört, auch zu magerer Thon gibt wenig haltbare Steine.

Den in den Ziegeleien (Ziegelscheuern, Ziegelhütten) zu verarbeitenden Thon läßt man über Winter locker aufgeschichtet liegen, um ihn durch Frost aufzuschließen, sumpft ihn dann mit Wasser ein und macht ihn homogen durch Treten, durch Bearbeiten mit breiten Rädern oder mit Thonschneidemaschinen. Eine solche ist die holländische Kleimühle, ein nach oben sich erweiterndes Faß a (s. Figur), in welchem an einer vertikalen, drehbaren Achse b sechs Arme c aus flachem, zugeschärftem Eisen sitzen, die bei Drehung der Achse den Effekt einer Schraube machen und den gekneteten Thon durch die Öffnung d hindurchpressen. Für feinere M. wird der Thon geschlämmt, um alle Beimischungen zu entfernen und ihn völlig homogen zu machen. In größern Ziegeleien wird der geförderte Thon sofort auf einem Brechwerk zerkleinert und passiert dann Walzwerke, auf denen er zerquetscht, zerrissen und in ein dünnes Band verwandelt wird. Man befeuchtet ihn dann mit Wasser, setzt Sand etc. zu und mischt im Thonschneider. Sollen die M. aus Thonpulver hergestellt werden, so trocknet man den Thon und pulverisiert ihn auf der Kugelmühle oder dem Desintegrator.

Zum Formen (Streichen) der M. dient eine Form aus Holz oder Gußeisen mit oder ohne Boden, die, um das Anhaften der feuchten Thonmasse zu verhindern, in Wasser getaucht oder mit Sand bestreut wird. Man drückt den Thon hinein, entfernt den Überschuß mit einem Streichbrett und hebt die Form ab. Um saubere Ware zu erhalten, werden die lederharten Steine mit einem Messer beputzt, mit einem Brett geklopft, auch wohl nach hinreichendem Trocknen in Formen gepreßt. Die Handformerei ist aber vielfach durch Maschinen verdrängt, bei denen eine dem Thonschneider ähnliche Vorrichtung (an einer Walze befestigte, schraubenartig wirkende Messer: Schlickeisen, Hertel) oder ein Paar Walzen (Sachsenberg, s. Tafel, Fig. 1) oder der in einem Cylinder hin- und hergehende Kolben (Clayton) den Thon durch ein Mundstück in Form eines parallelepipedischen Thonstranges, dessen Querschnitt mit der Grundfläche der Ziegel übereinstimmt, herausgepreßt wird. Der Thonstrang tritt auf eine durch kleine Walzen gebildete Bahn und wird durch Stahldrähte zerschnitten. Hertels Maschine liefert bei einem Kraftbedarf von 4 Pferden in zehn Stunden 6–8000 Steine von solcher Trockenheit, daß sofort 4–6 übereinander gestellt werden können. Maschinen, auf welchen jeder Stein einzeln in einer Form gepreßt wird, haben weniger Verbreitung gefunden; Maschinen, die getrockneten, gepulverten und gesiebten Thon verarbeiten und dadurch unabhängig von Witterung und Jahreszeit sind, werden in größerer Ausdehnung nur in England und Nordamerika benutzt, sie liefern bei einem Kraftaufwand von 15–16 Pferdekräften 40,000 Steine in zehn Arbeitsstunden.

Durchschnitt der holländischen Kleimühle (Knetmaschine).

Die geformten Steine werden an freier Luft oder in Trockenschuppen getrocknet; größere Ziegeleien, die sich von der Witterung unabhängig zu machen streben, benutzen heiz- und ventilierbare Räume und verwerten soviel wie möglich überschüssige Wärme der Ziegelöfen. Auch hat man Kanalöfen konstruiert, bei welchen die nassen Ziegel auf Wagen, die sich auf Schienen bewegen, durch einen geheizten und ventilierten Kanal befördert werden. Für jeden eintretenden Wagen mit nassen Ziegeln verläßt den Kanal ein Wagen mit trocknen Ziegeln. Lufttrockne M. (Lehm-, Luftsteine, Luftziegel) eignen sich für manche Zwecke, dürfen aber größerm Druck und der Feuchtigkeit nicht ausgesetzt werden; erst durch das Brennen erlangen die M. Festigkeit, indem ihre Teilchen in der Hitze zusammensintern, was durch die Flußmittel (Eisenoxyd, Kalk) begünstigt wird. Man brennt die M., indem man sie passend aufstellt, den Haufen mit einem Lehmbewurf bedeckt und das Feuer in den beim Aufstellen offen gelassenen Räumen entzündet (Feldziegeleien). Bessere Ware,

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verschiedene: Meyers Konversations-Lexikon, 4. Auflage, Band 11. Bibliographisches Institut, Leipzig 1888, Seite 351. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Meyers_b11_s0351.jpg&oldid=- (Version vom 24.3.2022)