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verschiedene: Meyers Konversations-Lexikon, 4. Auflage, Band 11

marittima“ u. a. Die Seekarten der deutschen Gewässer werden auf Kosten des Reichs hergestellt. Vom Hydrographischen Amt werden auch Verzeichnisse der Leuchtfeuer aller Meere herausgegeben.

Die in Dienst gestellten Schiffe sind kriegsmäßig, die in Reserve befindlichen derart ausgerüstet, daß ihre Ausrüstung in wenigen Tagen vollendet werden kann. Der Befehlshaber eines Schiffs ist der Kommandant desselben. Groß, wie seine Machtbefugnis, ist auch seine Verantwortung. Ihm zunächst steht der Erste Offizier, welcher den innern Dienst (Exerzitien, Segelmanöver etc.) leitet, die Rollen (s. d.) macht und dem Kommandanten für alles verantwortlich ist, was auf dem Schiff sich zuträgt; seine rechte Hand ist der Bootsmann des Schiffs. Auf den Ersten Offizier folgt der Navigationsoffizier (der Wachthabende), welcher für die sichere Navigierung des Schiffs verantwortlich ist und alle Beobachtungen (Observationen) mit Hilfe des Steuermanns zu machen hat. Der Batterieoffizier kommandiert die Batterie eines Schiffs und leitet das Exerzieren am Geschütz. Seine Hilfe ist der Feuerwerker, welcher das gesamte Artilleriematerial, die Pulver- und Geschoßkammer an Bord verwaltet. Es gilt als Regel, einem Schiff drei wachthabende Offiziere zu geben, die sich alle vier Stunden ablösen. Sie kommandieren die Wache, die Hälfte der Besatzung, und sind für die richtige Navigierung (Führung) des Schiffs verantwortlich. Sie dürfen das Deck nicht verlassen. Für die Maschine des Schiffs ist der Maschineningenieur verantwortlich, ihren Gang leitet der wachthabende Maschinist, der seine Befehle von dem wachthabenden Offizier erhält. Die Bedienung der Maschine wird unter Aufsicht der Maschinistenmaate von den Heizern etc. ausgeübt. Das Maschinenpersonal eines größern Schiffs zählt daher 50–70 Köpfe. Wie die Matrosen unter den Bootsmanns-, Steuermanns-, Feuerwerksmaaten, so haben die Handwerkergasten unter ihren Maaten ihre Stelle im täglichen Dienst wie bei „gefechtsklarem Schiff“ angewiesen.

Die Stärke einer M. läßt sich, früherm Gebrauch entsprechend, heutzutage nur schwer nach dem Tonnengehalt ihrer Schiffe, ebensowenig nach der Zahl der an Bord stehenden Geschütze bemessen, denn unter Umständen kann ein Torpedoboot, welches vor dem Gefecht vielleicht als Beiboot an Deck eines Panzerschiffs stand, ein ebensolches Schiff der feindlichen Flotte durch einige glücklich treffende Torpedos zu Grunde richten oder doch kampfunfähig machen. Was die Geschütze betrifft, so haben heute Panzerschiffe von 11,000 Ton. Deplacement nur vier Kampfgeschütze, allerdings von größtem Kaliber, während früher ein Linienschiff oft mehr als 100 Kanonen zählte. Dagegen findet heute ein Schiff die wesentlichsten Vorbedingungen für seinen Kampfwert in der zweckmäßigen Bauart und in der Fahrgeschwindigkeit. Dem Bau der Schiffe aus Stahl mit ausgedehntem Zellensystem wie der Vervollkommnung der Maschine wird daher mit Recht die größte Aufmerksamkeit zugewendet. Eine Schiffsliste der deutschen Kriegsflotte vom Anfang 1887 und eine Übersicht der wichtigern Marinen europäischer Staaten mit den nötigsten Angaben über ihre Beschaffenheit und Stärke enthält beifolgende Tabelle.

II. Handelsmarine.

Der Dienst an Bord der großen Postdampfer und Auswanderungsschiffe ist dem der Kriegsschiffe ähnlich, nur nicht in so enge Formen gezwängt. Der Führer eines Schiffs heißt Schiffer. Die Bemannung besteht aus den Steuerleuten, Matrosen und Jungen. An Bord der deutschen Post- und Auswanderungsdampfer wird der Führer Kapitän genannt, die Steuerleute, meist vier, heißen erster, zweiter etc. Offizier. Zum Rang der Offiziere zählen ferner die Maschinisten, der Arzt und Proviantmeister, während die Bootsleute, Zimmerleute, Oberkoch, Obersteward, der Chef der Passagierbedienung zu den Unteroffizieren zählen. Zur Aufrechthaltung der Disziplin steht dem Kapitän ein gewisses Strafrecht zu; bei Meuterei in See kann er die schärfsten Maßregeln, „in Eisen legen“ etc., sowohl gegen die Bemannung als die Passagiere anwenden; im Hafen hat er die Hilfe seines Konsuls oder die eines etwa anwesenden Kriegsschiffs seiner Nation anzurufen.

Die für den überseeischen Handel dienende Flotte der sämtlichen Staaten der Erde hat in dem letzten Vierteljahrhundert eine Zunahme der Leistungsfähigkeit erfahren, welche mit derjenigen der Eisenbahnen parallel ging und seit 1871 die letztern verhältnismäßig überholte. Es ist besonders charakteristisch, daß auch in der Periode der wirtschaftlichen Depression, in welcher der Eisenbahnbau überall so sehr eingeschränkt wurde, der Bau von Dampfern unbeirrt vorwärts ging und bis zu einer Überproduktion an Seefahrzeugen führte. Die gesamte Entwickelung läßt sich nach den sorgfältigen und kritisch geordneten Nachweisen von A. N. Kiaer, welche von den nach andern Gesichtspunkten gesammelten Daten des Büreaus Veritas teilweise abweichen, aber verläßlicher sind als diese, in folgenden Ziffern ausdrücken. Es betrug die Leistungsfähigkeit der europäischen Handelsmarine, wenn man alle Fahrzeuge ohne Rücksicht auf den Tonnengehalt zusammenstellt:

Jahr Dampfer Segelschiffe Zusammen
Zahl Trag­fähigkeit Zahl Trag­fähigkeit Zahl Trag­fähigkeit
1872 7668 2601168 103467 12892026 111135 15493194
1877 10690 3988770 104142 13694072 114832 17682842
1882 13604 5722326 102758 13811546 116362 19533872
1883 14479 6433000 102314 13617000 116793 20050000
1884 15550 7200000 101458 13406000 117008 20606000
1885 16512 7725000 100440 13252000 116952 20977000

Die beiden charakteristischen Merkmale der Entwickelung liegen darin, daß erstens die Anzahl der Schiffe in diesem Zeitraum zuerst weniger zunimmt, dann dieselbe bleibt und schließlich sogar abnimmt, während die Leistungsfähigkeit stetig wächst, indem man zu dem Bau immer größerer Fahrzeuge mit höherer Tragfähigkeit übergeht (s. Schiff), und zweitens, daß das Übergewicht der Dampfer über die Segelflotte immer größer wird (s. Dampfschiffahrt). Beifolgende Tabelle (III) gibt eine Übersicht des Standes der Handelsmarinen (nach Kiaer), welche auf die einheitliche internationale Registertonne zurückgeführt ist und nur die der Seeschiffahrt im engern Sinn dienenden Handelsfahrzeuge von mehr als 50 Ton. Tragfähigkeit umfaßt. Wie man sieht, ist noch immer die britische Handelsmarine mit einer effektiven Tragfähigkeit von 16,4 Mill. Ton. so übermächtig, daß sie beinahe 47 Proz. der gesamten Handelsflotte der Erde bildet. Die außerordentliche Leistung der britischen Werften, welche in den letzten Jahren nahezu 90 Proz. sämtlicher neugebauten Dampfschiffe lieferten, hat wesentlich dazu beigetragen, diese Suprematie zu befestigen. Indes stehen auch noch Frankreich und Deutschland, jedes

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verschiedene: Meyers Konversations-Lexikon, 4. Auflage, Band 11. Bibliographisches Institut, Leipzig 1888, Seite 252. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Meyers_b11_s0252.jpg&oldid=- (Version vom 11.12.2023)