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verschiedene: Meyers Konversations-Lexikon, 4. Auflage, Band 10

Lehrgedicht: „De rerum natura“, das sechs Bücher umfaßt. Sein Zweck ist, die Menschen durch Betrachtung der Natur von Aberglauben und eingebildeter Furcht zu befreien, und so spröde und unpoetisch der Stoff an sich ist, so hat ihn der Dichter doch mit großer Kunst zu behandeln verstanden. Unter den zahlreichen trefflichen Schilderungen ist besonders die der athenischen Pest am Schluß des Gedichts berühmt. Die Sprache ist scharf und kühn, von eigentümlicher Herbigkeit und sowohl wegen der zahlreichen veralteten als wegen der neugeprägten Wörter oft schwer verständlich. Hauptausgabe von Lachmann (mit Kommentar, Berl. 1850; 4. Aufl. 1871); sonstige neuere Ausgaben von Bernays (Leipz. 1852 u. öfter), Munro (4. Aufl., Cambridge 1886, 3 Bde.); Übersetzungen von v. Knebel (2. Aufl., Leipz. 1831), W. Binder (Stuttg. 1869) und Seydel (pseudonym M. Schlierbach, Münch. 1881).

Lucrīner See, im Altertum eine Bucht oder Lagune an der Bai von Bajä und Puteoli, von derselben nur durch eine schmale, durch einen künstlichen Damm befestigte Sandbank getrennt, war berühmt durch ihre Austern. An der Nordseite trennte ein niedriger, schmaler Erdstrich den L. S. vom See Avernus (s. d.), den Agrippa mit jenem und dem Meer vereinigen ließ (Julius portus). Der heutige Lago Lucrino ist ein bloßer Sumpf, der durch die vulkanische Erhebung des Monte Nuovo (1538) vom Averner See wieder getrennt wurde. Statt der Austern enthält der See heute die beliebte Fischart Spigola (der Lupus der Römer).

Lucrum (lat.), Gewinn; L. cessans, derjenige Verlust, welcher in der Einbuße eines Gewinns besteht; Lucri bonus odor („des Gewinnes Geruch ist gut“), Ausspruch des Kaisers Vespasian, als man seine Besteuerung der Abtritte tadelte und für ekelhaft erklärte (vgl. Juvenals „Satiren“, V, 14, 202); Lucri causa, des Gewinns wegen.

Lucsivna (spr. lútschiwna, Lautschburg), klimat. Kurort im ungar. Komitat Zins, an der Kaschau-Oderberger Eisenbahn, 769 m ü. M., hat eine schöne, vielbesuchte Kaltwasserheilanstalt am Fuß der Hohen Tátra mit prachtvoller Aussicht auf die Karpathen.

Lucski (spr. lutschki), Badeort im ungar. Komitat Liptau, bei Rózsahegy, 2 km von der Kaschau-Oderberger Bahn entfernt, mit starker Eisentherme.

Lucullus, Lucius Licinius, röm. Feldherr, that sich im Marsischen Krieg 90 v. Chr. zuerst hervor, nahm als Legat unter Sullas Oberbefehl am ersten Mithridatischen Krieg teil und ward, nachdem er 79 mit seinem Bruder Marcus kurulischer Ädil und 77 Prätor gewesen war und hierauf Afrika verwaltet hatte, 74 Konsul und mit Führung des Kriegs zu Land gegen Mithridates beauftragt. Es gelang ihm, Mithridates, welcher Kyzikos belagerte, die Zufuhr der Lebensmittel abzuschneiden, wodurch er genötigt ward, die Belagerung aufzuheben und die Flucht zu ergreifen (73). L. verfolgte das nach Westen fliehende Landheer, vernichtete dasselbe zum großen Teil am Fluß Äsepus und wandte sich dann nach dem Osten, wo er bis 71 mit der Belagerung der bedeutendsten Städte in Bithynien, Paphlagonien und in Pontos beschäftigt war. Unterdessen hatte Mithridates ein neues Heer von 40,000 Mann Fußvolk und 4000 Reitern gesammelt, wurde aber bei Kabeira geschlagen und genötigt, sich zu seinem Schwiegersohn Tigranes, dem König von Armenien, zu flüchten. L. verfolgte ihn bis nach Talaura in Kleinarmenien und kehrte sodann nach Pontos zurück, das er ganz unterwarf. Da Tigranes sich weigerte, Mithridates auszuliefern, brach L. 69 mit 12,000 Mann zu Fuß und 3000 Reitern von Pontos auf, setzte bei Melita über den Euphrat, schlug das feindliche Heer von 20,000 Bogenschützen und Schleuderern, 56,000 Reitern, 150,000 Mann Fußvolk am Fluß Nikephoros 6. Okt. 69, eroberte die Stadt Tigranokerta, erfocht am Arsanias einen neuen Sieg und wandte sich sodann, da sein Heer sich weigerte, weiter nach Osten vorzudringen, gegen Mesopotamien, wo er Nisibis 68 eroberte. Hierdurch wurde es dem Mithridates möglich, in sein Königreich zurückzukehren und es wiederzuerobern. L. brach zwar 67 von Nisibis auf, um es ihm wieder zu entreißen; auf dem Marsch aber brach unter seinen Truppen eine Meuterei aus, und zugleich wurde ihm angezeigt, daß ihm, hauptsächlich durch die Ränke der Ritter, deren Bedrückungen in Asien er Einhalt gethan hatte, der Oberbefehl entzogen sei. Er kehrte also nach Rom zurück, wo er erst 63 nach Überwindung mehrfacher Hindernisse zur Ehre des Triumphs gelangte. Fortan lebte er als Privatmann in Rom und genoß die Reichtümer, die er aus Asien gebracht hatte, in sprichwörtlich gewordener Üppigkeit, blieb daneben jedoch auch edlern Beschäftigungen nicht fremd. Während seines Aufenthalts in Griechenland und Asien war er mit vielen damals lebenden Philosophen vertraut geworden. Sein vornehmster Lehrer war der Akademiker Antiochos gewesen, der ihn auch auf einigen seiner Feldzüge begleitete. Nach seiner Rückkehr nach Rom setzte er das Studium der Philosophie fort, zog viele Gelehrte nach Rom und machte sein Haus zu deren Sammelpunkt. Auch legte er eine Bibliothek an, deren Gebrauch dem Publikum frei stand, und die auch Cicero benutzte. Seine Geschichte des Bundesgenossenkriegs in griechischer Sprache ist verloren gegangen. Er starb zwischen 58 und 56. L. war es auch, der 72 oder 71 den Kirschbaum aus Kerasos in Pontos zuerst nach Rom brachte und daselbst anpflanzen ließ. – Sein Sohn, mit dem Vornamen Marcus oder Lucius, geboren nach 66, wurde unter Vormundschaft seines Oheims Marcus Cato und des Cicero erzogen und fand den Tod bei Philippi 42. L.’ jüngerer Bruder, Marcus Licinius L. oder, wie er nach seiner Adoption durch M. Terentius Varro hieß, Marcus Terentius Licinianus Varro, war 73 Konsul, dann 72 Statthalter in Makedonien, als welcher er einen Kriegszug gegen die Thraker unternahm, auf dem er bis an das Schwarze Meer vordrang; er starb bald nach seinem Bruder.

Lucumōnes (lat.), in Etrurien die Edlen und Vornehmen, aus denen in den zwölf Bundesstädten die Könige und nach Aufhebung der königlichen Würde die jährlichen Magistrate gewählt wurden.

Lucus (lat.), ein einer Gottheit geweihter Hain. L. a non lucendo, aus Quintilian („De institutione oratoria“, I, 6) stammende, sprichwörtlich gewordene Redensart, um eine sinnlose Etymologie zu bezeichnen, bedeutet s. v. w.: der Wald wird lucus genannt, weil es darin nicht hell ist (non lucet). Und doch bedeutet das Wort ursprünglich „Lichtung“.

Ludämilie Elisabeth, Gräfin von Schwarzburg-Rudolstadt, bekannt als Verfasserin geistlicher Lieder, geb. 7. April 1640, gest. 12. März 1672 als Braut ihres Vetters, des Grafen Christian Wilhelm von Schwarzburg-Sondershausen. Ihre geistlichen Dichtungen erschienen gesammelt unter dem Titel: „Die Stimme der Freundin“ (1687; neu hrsg. von Thilo, Stuttg. 1856). Ihr Leben beschrieben Thilo (Berl. 1856) und E. Frommel (das. 1874).

Empfohlene Zitierweise:
verschiedene: Meyers Konversations-Lexikon, 4. Auflage, Band 10. Bibliographisches Institut, Leipzig 1888, Seite 957. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Meyers_b10_s0957.jpg&oldid=- (Version vom 10.8.2021)