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verschiedene: Meyers Konversations-Lexikon, 4. Auflage, Band 10

der Heizrohrwand unterhalb der Öffnungen der Heizrohre c schräg aufsteigenden Gewölbe aus Schamottesteinen, sowie aus dem sogen. Stehrost e, einer an den Klapprost anschließenden, von der Heizrohrwand etwa 80 cm abstehenden, rostartig durchbrochenen Gußeisenplatte, welche senkrecht bis zum untern Ende des Feuerschirms d aufsteigt. Der Rost, dessen Spalten je nach der zu verwendenden Kohlensorte eine Breite von 4 mm (bei Staubkohlen) bis 30 mm (bei Stückkohlen) erhalten, wird durch eine gewöhnliche Feuerthür f beschüttet. Der Stehrost e dient zur Zuführung frischer Luft, welche längs des Feuerschirms d über dem auf dem Rost brennenden Material hinstreicht, erhitzt wird, sich mit den ebenfalls erhitzten, noch unverbrannten Gasen mischt und diese dabei zur Verbrennung bringt. Der Feuerschirm ist von Nepilly den englischen Lokomotivfeuerungen entlehnt, bei welchen er geradezu als typisch angesehen

Fig. 2.
Nepillysche Feuerung. Längsschnitt.

werden kann; dagegen ist der Stehrost nur der Nepillyschen Feuerung eigentümlich. Da er die sonst bei Anlagen mit Feuerschirm notwendigen Öffnungen in den Wänden der Feuerbuchse ersetzt, so gestattet er die Anbringung dieser Feuerung in jeder Feuerbuchse von ganz gewöhnlicher Konstruktion ohne zeitraubende und kostspielige Umgestaltungen. Auch bewirkt die durch den Stehrost eindringende Luft, indem sie dem von unten durch die Rostspalten kommenden Luftzug das Gleichgewicht hält, daß selbst Kohlenstaub bis zur vollkommenen Verbrennung ruhig auf dem Rost liegen bleibt, während sonst ein guter Teil mit durch den Schornstein gerissen wird. Die Nepillysche Feuerung hat sich, was Kohlenersparnis und Rauchverbrennung betrifft, vielfach sehr gut bewährt (Heizkohlenersparnis bis 20 Proz. und mehr) und beseitigt außerdem durch die Verwendung des Feuerschirms, welcher einen direkten Zutritt kalter Luft zu dem Heizrohr verhindert, den sonst häufig vorkommenden Übelstand des Rohrrinnens.

Der Kessel der L. muß, wie jeder andre Dampfkessel, mit einer vollständigen Dampfkesselarmatur (s. Dampfkessel, S. 454) ausgerüstet sein, deren einzelne Stücke jedoch den besondern Anforderungen an einen beweglichen Kessel angepaßt sind. Als Lokomotivkessel-Speisevorrichtung hat sich vor andern Apparaten der Injektor (s. d.) wegen seiner Einfachheit, Billigkeit, immerwährenden Betriebsbereitschaft und Betriebssicherheit und seiner Eigenschaft, nur heißes Wasser einzuführen, ganz besonders bewährt, so daß zur Zeit die Lokomotiven entweder ausschließlich mit Injektoren versehen werden, oder wenigstens einen Injektor neben einer Kolbenspeisepumpe erhalten. Die Apparate zur Beobachtung des Wasserstandes entsprechen ganz denjenigen der stationären Dampfkessel. Zur Sicherung gegen die Folgen von Wassermangel (Entblößung und Erglühen der Feuerbuchsendecke und dadurch eventuell herbeigeführte Kesselexplosion) ist in die Feuerbuchsendecke ein Pfropfen aus leicht schmelzbarem Metall eingeschraubt, welcher bei der Entblößung jener schmilzt und so dem Dampf gestattet, in den Feuerraum zu treten und das Feuer zu ersticken. Zur Beobachtung des Dampfdruckes sind bei Lokomotiven nur die Federmanometer (s. Manometer) brauchbar. Bei den Sicherheitsventilen (s. d.) der Lokomotiven ist die Federbelastung (s. Tafel „Lokomotive“, Längsschnitt) bei weitem gebräuchlicher als die Gewichtsbelastung. Aus dem die Abscheidung mitgerissener Wasserbläschen bezweckenden Dampfdom (in der Tafel mitten auf dem Langkessel) wird der Dampf mittels eines durch einen Regulierschieber (Regulator) verschließbaren Rohrs entnommen und den Dampfcylindern zugeführt. Der Regulator wird vom Lokomotivführerstand aus an einem Hebel (Regulatorhebel) gehandhabt. Zum Anfachen des Feuers würde der niedrige Schornstein allein nicht genügen, deshalb läßt man in ihn von untenher durch ein Rohr mit verstellbarer Öffnung (Blasrohr) den in den Cylindern verbrauchten Dampf einströmen, wodurch die Verbrennungsgase vom Rost her durch die Heizrohre hindurch angesaugt und mit durch den Schornstein gerissen werden. Um das Herausfliegen von Funken aus dem Schornstein zu vermeiden, werden sogen. Funkenfänger angebracht, welche entweder über der Schornsteinöffnung angebrachte Siebe sind, oder darauf beruhen, daß der Rauch vor dem Austritt gezwungen wird, sich in gekrümmten Bahnen zu bewegen, wobei die Funken, weil schwerer als der Rauch, infolge der Zentrifugalkraft außer den Bereich des Schornsteinzugs gelangen und innerhalb des Schornsteins zu Boden sinken. Ein unentbehrlicher Armaturteil der L. ist die Dampfpfeife (s. d.) zum Erteilen der nötigen akustischen Signale an das auf dem Zug und auf der Eisenbahnstrecke befindliche Dienstpersonal. Wenn auf einer Bahnstrecke unbewachte Wegübergänge vorkommen, so ist als zweiter akustischer Signalapparat ein Läutwerk hinzuzufügen, welches in der Nähe jener Stellen in Gang zu setzen ist. Sehr gut bewährt hat sich dazu durch die Einfachheit der Konstruktion und die Sicherheit des Anlassens das Dampfläutwerk von Latowski. Die Glocke sitzt hier konaxial auf einem an dem Dach des Führerstandes senkrecht befestigten Rohr, dessen über die Glocke hinausreichendes Ende durch ein Klappenventil geschlossen ist. An diesem Ventil ist der Hammer mittels eines gebogenen federnden Stiels so befestigt, daß er im Ruhezustand einige Millimeter von der Glocke absteht. Läßt man nun durch ein dünnes Röhrchen in jenes Rohr Dampf eintreten, so wird das Ventil mit dem Hammer angehoben, fällt aber sogleich nach dem Entweichen eines Dampfquantums wieder zu, wobei der Hammer kräftig anschlägt. Dies Spiel wiederholt sich so lange, als man Dampf hinzutreten läßt.

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verschiedene: Meyers Konversations-Lexikon, 4. Auflage, Band 10. Bibliographisches Institut, Leipzig 1888, Seite 886. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Meyers_b10_s0886.jpg&oldid=- (Version vom 5.4.2023)