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verschiedene: Meyers Konversations-Lexikon, 4. Auflage, Band 10

für vergleichende Sprachforschung“ und Bezzenbergers „Beiträge zur Kunde der indogermanischen Sprachen“. Wörterbücher lieferten Nesselmann (Königsberg 1851) und Kurschat (Halle 1872–74, 2 Bde.), eine Grammatik (das. 1876) ebenfalls Kurschat, von dem bereits früher „Beiträge zur Kunde der litauischen Sprache“ (Königsb. 1843 u. Berl. 1849) erschienen waren; „Beiträge zur Geschichte der litauischen Sprache“ gab Bezzenberger (Götting. 1877), ein übersichtliches „Litauisches Elementarbuch“ J. Völkel (Heidelb. 1879) heraus. Im J. 1879 bildete sich in Tilsit eine Litauische litterarische Gesellschaft, die in ihren „Mitteilungen“ die interessanten Überreste des gegen die Deutschen, Russen und Polen stetig an Boden verlierenden litauischen Sprach- und Volkstums in möglichster Vollständigkeit zu sammeln bestrebt ist. Die Litteratur des Litauischen ist äußerst unbedeutend, indem das einzige größere selbständige Werk in litauischer Sprache das Gedicht „Die Jahreszeiten“ ist, das von dem Dichter Donalitius (Donaleitis) aus dem 18. Jahrh. herrührt und von Rhesa (1818), von Schleicher (Petersb. 1865) und Nesselmann (Königsb. 1868) herausgegeben wurde. Außerdem gibt es nur Gebetbücher u. dgl., die ältesten aus dem 16. Jahrh., und eine litauische Bibelübersetzung des 17. Jahrh., die aber noch nicht wieder aufgefunden ist. „Litauische Märchen, Rätsel und Lieder“ gab Schleicher heraus (Weim. 1857); andre Sammlungen von Volksliedern veröffentlichten Rhesa („Dainos“, neue Aufl. von Kurschat, Berl. 1843), Nesselmann (das. 1853), Juszkiewicz („Lietuviškos dainos“, Kasan 1880–82, 3 Tle., und „Lietuviškos svotbinès dainos“, Hochzeitslieder, Petersb. 1883), Brugmann und Leskien („Litauische Lieder und Märchen“, Straßb. 1882) und Chr. Bartsch („Dainu Balsai“, Melodien litauischer Volkslieder mit Textübersetzung etc., Heidelb. 1887). Über litauische Mythologie handelte Schleicher in seinen „Lituanica“ (Abhandlungen der Wiener Akademie 1854) u. Bezzenberger in „Litauische Forschungen zur Kenntnis der Sprache und des Volkstums der Litauer“ (Götting. 1882). „Mythen, Sagen und Legenden der Zamaiten (Litauer)“ gab Veckenstedt heraus (Heidelb. 1883, 2 Bde.). Die interessanteste Figur des altlitauischen Götterglaubens ist der Donnergott Perkunos (s. d.).

Litauisches Recht, das in dem ehemaligen Großfürstentum Litauen geltende Recht, welches sich auf dem privatrechtlichen Gebiet in den litauischen, weiß- und kleinrussischen Gouvernements bis 1842 erhielt, um damals durch das russische Privatrecht ersetzt zu werden. Dasselbe beruhte im wesentlichen auf den Verordnungen der ehemaligen Großfürsten von Litauen, doch war auch die Verleihung des Magdeburger und des Kulmer Stadtrechts an einzelne Städte auf die Ausbildung des litauischen Rechts von bestimmendem Einfluß. Das erste allgemeine Gesetzbuch war von dem Großfürsten Kasimir IV. 1468 erlassen worden. Im 16. Jahrh. erfolgte eine umfassende Kodifikation des litauischen Rechts (Litauisches Statut), für dessen Gestaltung und Ausbildung übrigens auch das polnische Recht und das eindringende römische Recht mit bestimmend gewesen waren.

Litchfield (spr. líttschfihld), Stadt im nordamerikan. Staat Illinois, in fruchtbarer Prärie, 70 km südlich von Springfield, hat Dampfmühlen, Eisenbahnwerkstätte, Kohlengruben und (1880) 4326 Einw.

Litchibaum, s. Nephelium.

Lit d’effigie (franz., spr. li deffīschíh), das Paradebett, auf welchem die Leiche eines Königs von Frankreich ausgestellt wurde.

Lit de justice (franz., spr. li d’schüstihs, „Gerechtigkeitsbett“), ursprünglich der erhabene Sitz, auf welchem die alten Könige von Frankreich, umgeben von ihren Baronen und Pairs, Gericht zu halten pflegten; später die feierliche Parlamentssitzung, in welcher der König, z. B. bei besonders wichtigen Staatsangelegenheiten, Rechtshändeln der Großen, Mündigkeitserklärungen, persönlich erschien. Als die Parlamente eine politische Gewalt erlangt hatten und dieselbe immer mehr geltend zu machen suchten, bedienten sich die Könige solcher Sitzungen auch, um das von jenen verweigerte Einregistrieren der Edikte, welches die damals übliche Form der Verkündigung der Gesetze war, durchzusetzen. Der Kanzler hielt alsdann den Vortrag, leitete die mündliche Abstimmung, die ohne Diskussion vor sich ging, und befahl einfach im Namen des Königs die Einregistrierung der auf solche Weise zwangsweise durchgesetzten Verordnungen. Ludwig XIV. hielt 1663 ein L. in Reitstiefeln ab, die Reitpeitsche in der Hand. Am bekanntesten wurde das L. von 1787, in welchem der Vorschlag zur Versammlung der Generalstaaten gemacht wurde.

Litem lite resolvĕre (lat.), „einen Streit mit einem Streit schlichten“, eine streitige Sache durch etwas nicht weniger Streitiges entscheiden wollen.

Lite pendente (lat.), bei schwebendem Prozeß (s. Rechtshängigkeit).

Liter (franz. litre), Einheit der Hohlmaße im metrischen System, = 1 Kubikdezimeter = 0,001 cbm. Es wird eingeteilt in 10 Deziliter zu 10 Zentiliter zu 10 Milliliter. 10 L. machen ein Dekaliter, 10 Dekaliter oder 100 L. ein Hektoliter, 10 hl oder 1000 L. ein Kiloliter. Getreide und Sämereien sowie Spirituosen werden vornehmlich nach dem Hektoliter verkauft. Die 1878 für L. eingeführte Bezeichnung Kanne wurde 1884 durch Reichsgesetz beseitigt; vgl. Flüssigkeitsmaße und Hohlmaße.

Litera, s. Littera.

Litérnum, Küstenstadt im alten Kampanien, zwischen Cumä und der Mündung des Clanis (jetzt wahrscheinlich Tor di Patria). Auf seinem Landgut daselbst beschloß Scipio Africanus sein Leben.

Litewka (poln.), ein Uniformrock mit Schößen, von verschiedenem Schnitt; z. B. der langschößige blaue Rock der preußischen Invaliden mit einer Reihe Knöpfe und rotem Kragen.

Lithagōgon (griech.), steinabführendes Heilmittel.

Lithargy̆rum, s. v. w. Bleiglätte, s. Bleioxyd.

Lithīăsis (griech.), Steinkrankheit, s. Harnsteine.

Lithĭon, s. Lithium.

Lithĭonglimmer
Lithionīt
s. Glimmer.

Lithĭum Li, Alkalimetall, findet sich stets in Begleitung von andern Alkalimetallen, als Silikat im Petalit (1,3–1,7 Proz.), Lithionglimmer (0,6–2,7 Proz.), Spodumen (1,7–2,7 Proz.), Triphan, Kastor, Turmalin, als Phosphat im Triphyllin (1,6–3,7 Proz.), als Fluorlithium im Amblygonit (3,3–4,7 Proz.); in sehr geringer Menge findet sich L. weitverbreitet in vielen Feldspaten, Kalksteinen, Meteoriten, in Quell-, Fluß- und Meerwasser, in Pflanzenaschen, in der Milch, im Blut; eine Quelle bei Redruth in Cornwall soll in 24 Stunden 400 kg Chlorlithium liefern. Zur Darstellung des Lithiums zersetzt man die dasselbe enthaltenden Mineralien mit Salzsäure, stellt eine nur Alkalichloride enthaltende Lösung dar, verdampft diese zur Trockne und extrahiert aus dem Rückstand das Chlorlithium mit einer Mischung gleicher Volumen Alkohol und Äther. Das Chlorlithium wird dann geschmolzen und durch

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verschiedene: Meyers Konversations-Lexikon, 4. Auflage, Band 10. Bibliographisches Institut, Leipzig 1888, Seite 835. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Meyers_b10_s0835.jpg&oldid=- (Version vom 9.8.2021)