Seite:Meyers b10 s0451.jpg

Dieser Text wurde anhand der angegebenen Quelle einmal korrekturgelesen. Die Schreibweise sollte dem Originaltext folgen. Es ist noch ein weiterer Korrekturdurchgang nötig.
verschiedene: Meyers Konversations-Lexikon, 4. Auflage, Band 10

durch die Ausgabe von verzinslichen Obligationen („Landeskultur-Rentenscheinen“ in Sachsen, „Landeskultur-Rentenbriefen“ in Preußen, „Landeskultur-Rentenobligationen“ in Hessen). Für die Verpflichtungen der Bank aus den von ihr ausgegebenen Obligationen haftet in Sachsen und Hessen die Staatskasse, in Preußen der Provinzial- (Kommunal-) Verband. Ob die hypothekarische Sicherheit für das Darlehen eine genügende ist, darüber entscheidet in Sachsen die Landeskultur-Rentenbank, in Hessen das Ministerium des Innern und der Justiz. In beiden Staaten muß aber die hypothekarische Forderung der Bank die Priorität vor andern bereits eingetragenen Hypotheken haben. In Preußen entscheidet über den Grad der Sicherheit die Bank, das Gesetz enthält aber hierüber folgende Normativbestimmung: Die Sicherheit ist als vorhanden zu erachten, wenn das Darlehen innerhalb des 25fachen Betrags des bei der letzten Grundsteuereinschätzung ermittelten Katastralreinertrags oder innerhalb der ersten Hälfte des durch ritterschaftliche, landschaftliche oder besondere Taxe der Landeskultur-Rentenbank zu ermittelnden Werts der Liegenschaften zu stehen kommt (§ 6). Die Einräumung der Priorität für diese Darlehen ist durch das Gesetz nicht obligatorisch gemacht. Dagegen kann nach dem Gesetz solchen Darlehen, welche zur Ausführung von Drainierungsanlagen gewährt werden, unter gewissen Voraussetzungen und Kautelen, welche eine Benachteiligung der Gläubiger ausschließen, das Vorzugsrecht vor allen andern auf privatrechtlichen Titeln beruhenden Lasten des Grundstücks auch ohne ausdrückliche Zustimmung der eingetragenen Gläubiger gewährt werden. Vgl. Schober, Die L. in Preußen, Sachsen und Hessen (Berl. 1887).

Landesmann, Heinrich, als Dichter und Schriftsteller unter dem Namen Hieronymus Lorm bekannt, geb. 9. Aug. 1821 zu Nikolsburg in Mähren, war von Kindheit auf sehr kränklich, besuchte mit Unterbrechungen mehrere Lehranstalten zu Wien, bis er im 15. Jahr das Gehör und zum Teil auch das Gesicht verlor und sich fortan für seine weitere Ausbildung auf den autodidaktischen Weg angewiesen sah. Bereits damals veröffentlichte er in Zeitungen mehrere sinnige Gedichte, bearbeitete 1843 die mohammedanische Faustsage „Abdul“ in fünf Gesängen (2. Aufl., Berl. 1852) und ließ sodann die kritisch-politische Schrift „Wiens poetische Schwingen und Federn“ (Wien 1846) erscheinen. Schon vor Ausgabe derselben war er nach Berlin übergesiedelt, wo er seine kritische Thätigkeit in Kühnes „Europa“ fortsetzte und die „Gräfenberger Aquarellen“ (Berl. 1848) schrieb. Seit 1848 wieder in Wien lebend, siedelte er von dort 1873 nach Dresden über, wo er noch gegenwärtig seinen Wohnsitz hat. Von Schriften sind noch zu verzeichnen: „Ein Zögling des Jahrs 1848“ (Roman, Wien 1855, 3 Bde.; 3. Aufl. u. d. T.: „Gabriel Solmar“, das. 1863); die Novellensammlung „Am Kamin“ (Berl. 1856, 2 Bde.); „Erzählungen des Heimgekehrten“ (Prag 1858); „Intimes Leben“ (Novelletten, das. 1860); „Novellen“ (Wien 1864, 2 Bde.); „Gedichte“ (Hamb. 1870, 2. vermehrte Aufl. 1875); „Philosophisch-kritische Streifzüge“ (Berl. 1873) und „Geflügelte Stunden. Leben, Kritik, Dichtung“ (Leipz. 1875–76, 3 Bde.); einiges Dramatische: „Das Forsthaus“, „Hieronymus Napoleon“, „Die Alten und die Jungen“ (das. 1875); ferner „Der Naturgenuß. Eine Philosophie der Jahreszeiten“ (Berl. 1876); „Neue Gedichte“ (Dresd. 1877) und neuerdings eine Reihe von Romanen: „Tote Schuld“ (Stuttg. 1878, 2 Bde.), „Späte Vergeltung“ (Hamb. 1879, 2 Bde.), „Der ehrliche Name“ (Dresd. 1880, 2 Bde.), „Außerhalb der Gesellschaft“ (das. 1881), „Ein Schatten aus vergangenen Tagen“ (Stuttg. 1882), „Ein Kind des Meeres“ (Dresd. 1882), „Der fahrende Geselle“ (Leipz. 1884), „Vor dem Attentat“ (Dresd. 1884), „Die schöne Wienerin“ (Jena 1886), „Das Leben kein Traum“ (Berl. 1887); endlich „Der Abend zu Hause“, Betrachtungen (das. 1881), „Natur und Geist im Verhältnis zu den Kulturepochen“ (Teschen 1884) und die Gesamtausgabe seiner „Gedichte“ (4. Aufl., Dresd. 1885). L. nimmt auf dem Gebiet der Kritik, der litterarischen wie der philosophischen, eine hervorragende Stelle ein; als Poet darf er der bedeutendste deutsche Dichter des Pessimismus genannt werden, dessen Produktionen aber bei ihrer Eigenartigkeit nur beschränkte Anerkennung fanden.

Landesmünze, s. Landmünze.

Landesökonomiekollegium, in Preußen eine dem landwirtschaftlichen Ministerium als technischer Beirat untergeordnete Behörde, wurde 1842 errichtet und 1878 reorganisiert. Von den 19 landwirtschaftlichen Zentralvereinen des Staats wählt jeder ein Mitglied auf drei Jahre, während das Ministerium neun Mitglieder ernennt. Die Berichte der Verhandlungen werden in den „Landwirtschaftlichen Jahrbüchern“ publiziert.

Landesordnungen, im Gegensatz zu den Landrechten Bezeichnung der in den deutschen Landen seit dem 15. Jahrh. erlassenen umfassenden Gesetze über Polizei und Strafrecht, welche sich aber auch auf die einschlagenden privatrechtlichen Verhältnisse beziehen. Sie sind außerordentlich zahlreich. Für Württemberg z. B. wurden von 1495 bis 1567 sechs L. erlassen.

Landespolizei, s. Polizei.

Landespräsident, s. Landesbehörden.

Landesrat, in Preußen ein dem Landesdirektor (s. d.) zugeordneter Provinzialbeamter.

Landesregierung, s. Landesbehörden.

Landesschützen, die den Tiroler Jägern ähnlich ausgerüstete Landwehr von Tirol und Vorarlberg, im Frieden 10 Bataillone L. zu Fuß und eine Abteilung L. zu Pferd. Sie sind dem Landesverteidigungskommando zu Innsbruck unterstellt. Im Krieg werden 10 Feld- und 10 Reservebataillone zu je 4 Kompanien, 2 Eskadrons und 10 Ergänzungskompanien aufgestellt. Beim Aufgebot der L. wird auch für die Abteilung der berittenen L. eine Ergänzungsabteilung aufgestellt, und die gesamte Kriegsstärke der L. beträgt alsdann 500 Offiziere, 22,100 Mann und 944 Pferde.

Landessynode, s. Synode.

Landestrauer, s. Trauer.

Landesunion, in Mecklenburg Bezeichnung des gemeinschaftlichen Landtags.

Landesvater, s. v. w. Landesherr; dann Name eines alten deutschen Studentenliedes mit den Anfangsworten: „L., Schutz und Rater“, welches den Höhepunkt des feierlichen akademischen Kommerses bildet, wobei während des Gesanges die Mützen durchbohrt auf den Schläger geschoben werden.

Landesvermessung, alle Arbeiten zur Ermittelung und kartenbildlichen Darstellung der geographischen Lage, Ausdehnung, Bodengestaltung und Bodenbedeckung eines Landes. Die danach hergestellten Karten sind je nach dem Zweck im Maßstab und in der Auswahl der darzustellenden Gegenstände sehr verschieden; dem Namen nach sind es wohl meist topographische Karten, Generalstabskarten, Vermessungskarten im engern Sinn (s. Aufnahme, topographische),

Empfohlene Zitierweise:
verschiedene: Meyers Konversations-Lexikon, 4. Auflage, Band 10. Bibliographisches Institut, Leipzig 1888, Seite 451. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Meyers_b10_s0451.jpg&oldid=- (Version vom 17.3.2022)