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CLXXXXVII. Die Benediktiner-Abtei Mölk
in Oesterreich.




Der Mensch erlangt nie, was er wünscht, weil seine Wünsche den Köpfen der Hyder gleichen. Den abgeschlagenen wachsen andere nach. Jeder befriedigte Wunsch zeugt neue, und darum ist es Sisyphusarbeit, in der Erreichung derselben Glück und Zufriedenheit zu suchen. Erst wenn man entbehren gelernt hat, statt zu erwerben, hält die Welt, was sich der bessere Mensch von ihr verspricht. Erstaunt wird dieser dann gewahr, daß er außer sich gesucht hatte, was er nur in sich selbst finden konnte, und Glück und Zufriedenheit, die ihn geflohen waren, so lange er um sie gerungen, nach aufgegebenem Kampfe kehren sie ein als ungerufene und unerwartete Gäste!

Diese Wahrheit, obschon von der täglichen Erfahrung bestätigt, hat dennoch eine gefährliche Seite. „Warum soll ich denn,“ möchte daraus gefolgert werden, „mein Schifflein mit Noth und Gefahr zusteuern der hohen, stürmischen See des Lebens, da ich doch auf derselben nicht erlangen kann, was ich suche? Warum soll ich Kraft und die schönste Lebenszeit daran setzen, mühselig nach Zielen zu ringen, die sich jedesmal weiter entfernen, sobald ich sie erlangt zu haben wähne? warum einen nutzlosen Kampf erst wagen, ehe ich ihn aufgebe? Klüger ist’s, ich verzichte von Anbeginn darauf und lerne entbehren, ehe ich genieße, was doch nicht sättigt. Ein Mönch in seiner Klause ist am Ende ein nicht schlechterer Philosoph, als Aurel im Purpur, oder Diogenes im Fasse, und es hat jener die Weisheit jedenfalls wohlfeiler, und übt sie bequemer, als diese beiden.“ – So haben Tausende gedacht und Viele denken noch so, und das nächste Kloster dünkt ihnen des Lebens beneidenswerthester und schönster Port.

Wenn dem so wäre, lieber Leser, so wäre jenes prachtvolle Haus in einem irdischen Paradiese fürwahr ein Magazin voll irdischer Glückseligkeit. Aber zum Wohle der Menschheit verhält sich’s anders. Nein! Es gibt keinen Genuß hienieden ohne den Stachel des Bedürfnisses, keine Ruhe ohne ermüdende Anstrengung! Immer setzt jener ein Entbehren, dieser eine Thätigkeit voraus. Ruhe ohne vorausgegangene Anstrengung ist Müssiggang, und der gibt nie dem Menschen Zufriedenheit und Glück. Wer niemals sich müde arbeitete, wird niemals die Seligkeit des Ausruhens zu schätzen wissen, und wer nicht Kraft und Jugend an die Erreichung seiner Wünsche setzte, kennt auch die Seligkeit der Resignation nicht. Nur auf den mit nützlicher Arbeit ausgefüllten

Empfohlene Zitierweise:
Joseph Meyer: Meyer’s Universum, oder Abbildung und Beschreibung des Sehenswerthesten und Merkwürdigsten der Natur und Kunst auf der ganzen Erde. Fünfter Band. Bibliographisches Institut, Hildburghausen, Amsterdam, Paris, Philadelphia 1838, Seite 45. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Meyers_Universum_5._Band_1838.djvu/53&oldid=- (Version vom 11.10.2024)