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er aber so gut, daß er die Schaafe exerciren ließ. Als er nun gegen Abend heimkam und die Schaafe alle aufrecht auf den Hinterbeinen giengen und im Schritt und Takt: „Eins, zwei!“ aufmarschirten, da mußte der König und Alles, was im Schloße war, laut lachen. Der König läßt ihn kommen und fragt ihn, wie er heiße? „Grad so wie mein Vater,“ sagt der Hans. „Wie heißt denn dein Vater?“ fragt der König. „Grad so wie ich,“ sagt Hans, so daß der König lachte und ihn gehen ließ. Nun verbot ihm aber der König einen Garten, darin seien drei Riesen, die würden ihn freßen. Das reizte aber den Hans, daß er gleich am andern Morgen mit seinen Schaafen dorthin marschirte. „Ich bin der Hans-fürcht-di-nit, so g’schieht-dir-nichts! und will doch sehen, wer mir da was thun könnte,“ sagte er. Aber Mittags kam ein großer Riese; Hans stellt sich auf einen Steinhaufen, läßt den Riesen nah kommen und ersticht ihn dann mit seinem kleinen Schwerte und schneidet ihm die Zunge ab. Ebenso macht er es noch zwei andern Riesen, die aber noch größer waren, als der erste. Der letzte hatte ein Bund Schlüßel bei sich; das nimmt Hans und sieht ein Schloß und hört Holz hauen und sägen und arbeiten um das Schloß herum. Das waren die Sclaven der Riesen. In dem Schloß trifft er die Tochter des Königs, die er erlöst hat, schickt die Sclaven nach Haus bis auf einen, der ihm das Schloß hüten muß. Ebenso entläßt er die Prinzeß zu ihrem Vater, während er mit seinen Schaafen heimkehrt. Indes zwingt der Mundschenk die Prinzessin, die er unterwegs trifft, zu sagen, daß er die Riesen erlegt habe. Nun läßt der König bekannt machen, wer in einem Ringstechen Sieger werde, der solle die Prinzessin zur Frau bekommen. Allein Niemand kann es. Hans, der Morgens mit seinen Schaafen exercirend ausgerückt war, geht in das befreite Schloß, läßt von dem Diener sich ein schönes Pferd und einen weißen Anzug bringen und reitet hin und siegt und geht unerkannt wieder fort. Ebenso das zweite Mal in einem blauen Anzuge und das dritte Mal in einem königlichen Kleide. Dann geht er in seiner Schäfertracht zu seinem Vater und muß dort die Gänse hüten. – Eines Abends, wie er mit den Gänsen heimzieht und auf einer Gais wie gewöhnlich hinter drein reitet, kommt der älteste Bruder in einem schönen Wagen daher gefahren. Hans erkennt ihn und grüßt ihn vergnügt; er aber sagt: „Ich habe keinen Gänsehirten zum Bruder,“ und will nichts von ihm wißen. Da ruft Hans: „Hettelse, Hettelse!“ (so lockt man gewöhnlich die Gais oder Hettel,) worauf alle Gänse sich erheben

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Ernst Meier: Deutsche Volksmärchen aus Schwaben. Scheitlin, Stuttgart 1852, Seite 307. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Meier_Volksm%C3%A4rchen_aus_Schwaben_307.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)