Seite:Meier Volksmärchen aus Schwaben 206.jpg

Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.

Niemand vor ihm sicher. Nun hat er aus unserer Stadt schon so viele Menschen verzehrt, daß morgen die Reihe an die einzige Tochter des Königs kommt; deshalb ist die ganze Stadt in so tiefer Trauer.“

Da dachte der Prinz: „ei, wenn Du den Drachen erlegen könntest!“ und nahm sich vor, daß er es mit seinen Thieren versuchen wollte, und begab sich am folgenden Tage zu der bestimmten Stunde auf den Berg nach der Kapelle, wo der Drache sich immer zeigen sollte! Er hatte ein gutes Schwert mitgenommen und seine Thiere begleiteten ihn. Wie er nun zu der Kapelle kam, gieng die Prinzessin eben hinein, um zu beten, und winkte ihm mit der Hand zu, daß er fortgehen möge. Er aber sprach: „Sei gutes Muthes, ich bin gekommen, Dich zu erretten und den Drachen zu tödten!“ Darauf kniete die Jungfrau in der Kapelle nieder und betete; und alsbald kam der siebenköpfige Drache ganz wild angeschoßen und drang auf den Prinzen ein; während der nun sein Schwert zog, kämpften der Wolf und der Löwe mit dem Drachen und jeder riß und biß ihm drei Köpfe ab; den siebenten und letzten Kopf hieb ihm dann der Prinz mit seinem Schwerte ab, also, daß das Ungeheuer überwunden und todt war. – Da kam die Prinzessin aus der Kapelle und dankte ihrem Retter und nahm eine goldene Kette, die sie getragen und vertheilte sie unter die Thiere und hieng einem jeden ein Stück davon um den Hals. Dem Prinzen aber sagte sie: „Du hast mich erlöst, nun mußt Du auch König werden und mich heirathen.“ Ja, das wollte der Prinz wohl gern; denn sie war so schön, wie

Empfohlene Zitierweise:
Ernst Meier: Deutsche Volksmärchen aus Schwaben. Scheitlin, Stuttgart 1852, Seite 206. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Meier_Volksm%C3%A4rchen_aus_Schwaben_206.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)