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thun, und kaufte den Goldhirsch und ließ ihn sogleich der Tochter bringen. Die freute sich nicht wenig darüber und ließ den Hirsch beständig die Zither schlagen und konnte das Spiel nicht satt hören, bis sie endlich müde wurde und einschlief.

Da machte der lustige Ferdinand leise die Thür auf und schlüpfte heraus und besah sich die Prinzessin, die in ihrem Bett lag und ruhig schlief. Sie war aber so wunderschön, daß er seine Augen nicht von ihr wegwenden mochte und es endlich nicht laßen konnte, ihr einen recht langen und herzhaften Kuß auf die Lippen zu drücken, also, daß die Prinzessin davon erwachte und schier erschrack, als sie einen Mann vor ihrem Bett stehen sah. Ferdinand aber sagte ihr sogleich, wer er sei und bat sie so dringend und rührend, sie möge ihn doch nicht verrathen, er wolle ihr auch alle Tage was vorspielen, so lange sie’s nur hören möge, daß die Prinzessin es endlich ihm versprach, wenn er hübsch still in seinem Versteck bleiben wollte. Ja, das wollte er ja herzlich gern, sagte er, und verkroch sich alsbald wieder in den Bauch des Hirsches.

Am andern Morgen konnte die Prinzessin es gar nicht erwarten, bis sie den Hirsch wieder spielen hörte. Auch der König kam, um es zu hören und freute sich ganz besonders, weil seine Tochter so vergnügt war; ja sie meinte, daß sie jetzt gewiß keine Langeweile auf der Insel mehr haben werde.

Als es nun Abend war und die Prinzessin wieder ganz allein war und zu Nacht aß, da machte der lustige Ferdinand die Thür auf und rief leise: „Prinzessin, ach liebe Prinzessin,

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Ernst Meier: Deutsche Volksmärchen aus Schwaben. Scheitlin, Stuttgart 1852, Seite 192. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Meier_Volksm%C3%A4rchen_aus_Schwaben_192.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)