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nur konnte und als sie fertig und in eine Schüßel gefüllt war, warf sie ihren Brautring hinein. Dann mußte die Köchin sie dem Kranken hinbringen; denn das Küchenmädchen durfte die Zimmer des vornehmen Herrn durchaus nicht betreten. Die Suppe aber schmeckte dem Kranken so gut, o so gut, daß er sie rein ausaß. Da sah er mit einem Male unten in der Schüßel den Ring seiner Braut und war ganz glücklich und ließ sogleich die Köchin kommen und fragte, wer die Suppe gekocht und den Ring hineingethan habe? Da kam die Köchin in große Noth; denn von dem Ringe wußte sie nichts und gestand es endlich, daß das Küchenmädchen diese Suppe zubereitet habe. Da wurde das Küchenmädchen herbeigerufen, und wie sie in’s Zimmer trat, sprach der junge Hausherr: „Also Du bist es, Du lumpiges, schmutziges Ding? Du hast die Suppe gekocht? Woher hast den Ring da?“ Da antwortete ihm das Küchenmädchen sanft und schüchtern, den Ring habe ihr der gnädige Herr ja selbst geschenkt. Darauf wurde er ganz zornig und schalt sie aus und wies sie zur Stube hinaus. Dann aber befahl er, man solle genau Acht geben, was das Küchenmädchen mache und mit wem sie umgehe. Das Küchenmädchen aber war ganz beschämt in ihre Schlafkammer gegangen, hatte sich gewaschen und ihr diamantenes Ballkleid angezogen. Auch das Kleid, welches sie auf dem ersten Balle getragen und das Taschentuch, welches ihr der Hausherr geschenkt hatte, nahm sie mit, und so gieng sie jetzt zu dem Kranken.

Wie sie aber aus der Thür trat, stand ein Bedienter da, um aufzupaßen, und als der die wirkliche Braut sah

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Ernst Meier: Deutsche Volksmärchen aus Schwaben. Scheitlin, Stuttgart 1852, Seite 171. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Meier_Volksm%C3%A4rchen_aus_Schwaben_171.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)