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also, daß die Menschen überall fröhlich und guter Dinge waren und große Hochzeiten und Schmausereien hielten, wozu sie auch den Engel einluden; aber es wußte Niemand, daß der Fremde ein Engel war.

Dem Engel gefiel es nun so gut unter den Menschen, daß er nicht nur die ganzen vier Wochen, sondern auch noch zwei Tage länger dablieb. Als er darauf wieder zum Himmel zurückkehrte, bat er den lieben Gott um gnädige Strafe, daß er seine Erlaubnis übertreten habe; allein es habe ihm gar zu wohl bei den Menschen gefallen. „Zur Strafe dafür, sagte der liebe Gott, sollst Du von jetzt an alle Jahr einmal auf die Erde gehen und darfst vier Wochen dort bleiben.“ Das wollte der Engel gern thun. Der liebe Gott aber fragte den Engel noch: „wird denn von mir auch auf Erden gesprochen?“ „Nein, sagte der Engel, von Dir hat Niemand gesprochen.“

Darauf ließ Gott im nächsten Jahr sehr wenig wachsen, wenig Korn, wenig Obst und wenig Wein, so daß die Lebensmittel theuer wurden, und die Menschen allerorten sich kaum des Hungers erwehren konnten. Als nun der Engel dießmal auf die Erde kam, wurde er zu keiner Hochzeit, zu keinem Schmause und zu keinem Tanze eingeladen; denn es gab nichts als Hunger und Elend im Lande; Hochzeiten wurden gar nicht gefeiert, und wenn etwa eine vorkam, so ward sie ganz still gehalten. Das gefiel dem Engel gar nicht, weshalb er schon nach zwei Tagen wieder in den Himmel zurückkehrte. Sprach zu ihm der liebe Gott: „warum kommst Du so bald wieder?“ „Ei, sagte der Engel,

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Ernst Meier: Deutsche Volksmärchen aus Schwaben. Scheitlin, Stuttgart 1852, Seite 138. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Meier_Volksm%C3%A4rchen_aus_Schwaben_138.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)