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mehr wegzubringen. Da gieng sie zu ihrer Schwester und klagte und jammerte.

Als endlich König Blaubart von der Reise zurückkehrte, erkundigte er sich sogleich nach dem goldenen Schlüßel; wie er aber die Blutflecken daran sah, sagte er: „Weib, warum hast Du auf meine Warnung nicht gehört? deine Stunde hat jetzt geschlagen; bereite Dich vor zum Sterben! denn Du bist in dem verbotenen Zimmer gewesen.“

Da gieng sie weinend zu ihrer Schwester, die oben im Schloß wohnte, und während sie derselben ihr Unglück klagte, gedachte die Schwester der Pfeife, die sie von den Brüdern bekommen hatte und sprach: „gib mir doch die Pfeife! ich will unsern Brüdern ein Zeichen geben; vielleicht, daß sie Dir noch helfen können.“ Und sie blies dreimal in die Pfeife hinein, daß es einen hellen Klang gab, davon die Wälder sich regten und bewegten.

Nach einer Stunde aber hörten sie den Blaubart, wie er rasselnd die Stiege herauf kam, um seine Gemahlin zu holen und zu schlachten. „Ach Gott, ach Gott! rief sie aus, kommen denn meine Brüder nicht?“ und eilte zur Thür und verschloß sie und hielt sie aus Angst selbst noch zu. Da pochte der Blaubart und schrie, sie sollten ihm aufmachen, und als sie das nicht thaten, versuchte er’s, die Thür zu erbrechen. „Ach Schwester, Schwester, kommen denn meine Brüder nicht?“ sprach sie zur Schwester; die stand am Fenster und guckte in die Weite hinaus und sagte: „ich sehe noch Niemand!“ Unterdessen zertrümmerte Blaubart die Thüre immer weiter und wie er beinah so weit war, daß

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Ernst Meier: Deutsche Volksmärchen aus Schwaben. Scheitlin, Stuttgart 1852, Seite 136. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Meier_Volksm%C3%A4rchen_aus_Schwaben_136.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)