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aber hatte er den Gedanken, sich zu erhängen. – Als er nun in den Wald kam, band er den Strick an eine Eiche und wollte sich wirklich aufhängen, sah sich aber erst noch einmal um, ob auch Niemand in der Nähe sei, der ihn sehen könne. Und wie er eben sich umwandte, so stand ein schwarzes Männlein hinter ihm und fragte: „was willst Du da machen?“ Darauf erzählte ihm der arme Mann, daß er viele Kinder habe und die müßten Hunger leiden; diesen Jammer könne er nicht länger mehr mitansehen, und weil er doch nicht helfen könne und die Noth nur noch vermehre, so habe er lieber seinem Leben selbst ein Ende machen wollen.

Darauf sagte das schwarze Männlein: „da hast Du nichts Gutes im Sinn; es wäre Dir wohl sonst noch zu helfen. Wenn Du mir deine zwölfjährige Tochter geben willst, so sollst Du so viel Geld haben, daß ihr Alle mit einander reichlich davon leben könnt.“ Ja, die Tochter wollte der arme Mann ihm wohl geben, da sie es gewiß gut bei ihm habe, und darauf sagte das Männlein weiter: „nun, so will ich Morgen in einer Kutsche zu Dir kommen und das Geld bringen; das mußt Du aber, ohne ein Wort zu reden, hinnehmen und deine Tochter dafür in den Wagen setzen!“

Alsdann gieng der Arme wieder gutes Muthes nach Haus und sprach zu seiner Tochter: „morgen wird ein vornehmer Herr in einer Kutsche kommen und Dich abholen.“ Da freute sich das Mädchen und meinte, daß es glücklich sei. Und als der fremde Herr am folgenden Tage wirklich ankam und das Geld brachte, da setzte die Tochter sich vergnügt

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Ernst Meier: Deutsche Volksmärchen aus Schwaben. Scheitlin, Stuttgart 1852, Seite 125. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Meier_Volksm%C3%A4rchen_aus_Schwaben_125.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)