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und bat um ein Stück Brod, erhielt aber zur Antwort, daß für fremde Leute kein Brod da sei. Daraus fragte der alte Mann: „was wollt Ihr denn hier machen?“ „Ein Schiff, das zu Waßer und zu Lande geht!“ sagte der Müllerssohn. „Ei, das könnt Ihr ja nicht!“ sprach der alte Mann und gieng fort. – Es war aber auch so; die Zimmerleute mochten sich besinnen so viel sie wollten, sie wußten gar nicht, wie sie ein solches Schiff einrichten sollten, und zogen mit einander wieder heim.

Jetzt kam die Reihe an den jüngsten Sohn, der hieß Hans, der nahm ebenfalls Arbeitsleute an und sein Vater gab ihm Brod, Käse und Wein, und so zog er in den Wald und legte hurtig Hand an’s Werk. – Da kam zu ihm der alte Mann und bat um ein Stückchen Brod. Sogleich gieng Hans hin, holte Brod und Käs und ein Glas Wein und gab es dem alten Manne, und nöthigte ihn, daß er sich doch an’s Feuer setzen und sich wärmen möchte. Das that der alte Mann gern und fragte endlich, was sie denn da machen wollten? „Ein Schiff, das zu Waßer und zu Lande geht,“ sagte Hans. „Meine zwei Brüder haben’s schon probirt, aber es ist ihnen nicht gelungen; jetzt will ich sehen, wie es mir geht; denn wer ein solches Schiff dem König bringt, der kriegt seine Tochter und das Königreich.“ Da sprach der alte Mann: „Deine Leute können es nicht zuwege bringen; weil Du aber der Beste von Deinen Brüdern bist, so will ich Dir eins machen.“ Darauf gieng er fort, während Hans seine Leute noch einige Tage lang auf gut Glück beschäftigte, obwohl sie nichts zu Stande brachten.

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Ernst Meier: Deutsche Volksmärchen aus Schwaben. Scheitlin, Stuttgart 1852, Seite 112. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Meier_Volksm%C3%A4rchen_aus_Schwaben_112.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)