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Da fürchtete sich der Müller, weil er’s für eine Drohung hielt, und gab dem Männlein die Kuh für das Fläschlein, worauf das Männlein plötzlich mit der Kuh in die Erde sank, so daß nichts mehr von beiden zu sehen war. Darauf gieng der Müller heim, stellte das Fläschlein sogleich auf den Tisch und sprach: „Fläschlein, thu deine Pflicht!“ Da war alsbald der ganze Tisch mit goldenen Schüßeln und den herrlichsten Speisen besetzt; die ließ er sich schmecken, und als er satt war, verkaufte er die Schüßeln und erhielt so viel Geld dafür, daß er mit einem Male ein reicher Mann war.

Da bezahlte er sogleich alle seine Schulden dem Edelmann, daß der sich nur wundern mußte, woher der Müller so schnell das Geld bekommen habe, und gab ihm so viel gute Worte, bis er endlich die ganze Geschichte erzählte. – Darauf bot ihm der Edelmann große Summen, wenn er ihm das Fläschlein verkaufen wollte, wogegen sich der Müller zwar lange sträubte; als ihm aber der Edelmann nicht nur die Mühle, sondern auch sein ganzes Schloß dafür anbot, da mochte der Müller nicht widerstehen und gab es hin. Wie der Edelmann aber das Fläschlein in der Hand hatte, sprach er: „so, das Schloß bleibt mein! Du hast an der Mühle genug, die kannst Du behalten!“ Und so war der Müller betrogen. Nun hatte er zwar noch ein gutes Sümmchen; allein weil die Mühle ihm nichts eintrug, so war das Geld bald verbraucht und er gerieth wieder in bittere Armuth.

In dieser Noth wollte er einstmals einen Freund besuchen

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Ernst Meier: Deutsche Volksmärchen aus Schwaben. Scheitlin, Stuttgart 1852, Seite 77. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Meier_Volksm%C3%A4rchen_aus_Schwaben_077.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)