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Endlich gegen Abend kam der Postillion in das Dorf, wo ausgespannt wurde und wo ein andrer Knecht ihn ablöste. Da ließ er sich einen Schoppen Wein geben, um sich zu erwärmen; weil aber in dem Wirthshause grade eine Hochzeit gefeiert wurde und die Stube von Gästen ganz voll war, so begab er sich mit seinem Wein in die Küche, setzte sich auf den warmen Feuerheerd, hieng sein Horn auf einen Nagel an die Wand und unterhielt sich mit der Köchin. – Auf einmal aber erschrack er ordentlich, als das Posthorn von selbst an zu blasen fieng; da blies es zuerst einige Male das Zeichen, das die Postillione gewöhnlich geben, wenn Jemand ausweichen soll; dann aber auch alle Lieder, die er unterwegs hineingehaucht hatte und die darin festgefroren waren, und die jetzt an der warmen Wand alle nacheinander wieder aufthauten und herauskamen, z. B. „Schier dreißig Jahre bist du alt u. s. w.“ „Du, du liegst mir am Herzen.“ „Mädle, ruck ruck ruck“ und andere Schelmenlieder. Zuletzt auch noch der Choral: „Nun ruhen alle Wälder,“ denn dieß war das letzte Lied, welches der Postillion hineingeblasen hatte.

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Ernst Meier: Deutsche Volksmärchen aus Schwaben. Scheitlin, Stuttgart 1852, Seite 68. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Meier_Volksm%C3%A4rchen_aus_Schwaben_068.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)