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Neide und faßten böse Gedanken in ihren Herzen; und wie sie bald darauf an eine tiefe Grube kamen, packten sie den Bruder und warfen ihn hinein, stachen sein Pferd todt und nahmen die Früchte und zogen fort, bis sie zu ihrem Vater kamen.

Da war die Freude groß, als er hörte, daß sie den Garten gefunden und Früchte daraus mitgebracht hatten; als sie ihm aber sagten, daß ihr jüngster Bruder umgekommen sein müße, weil sie sein Pferd unterwegs todt gefunden, da jammerte der Vater und war untröstlich; denn seinen jüngsten Sohn hatte er ganz besonders lieb gehabt. Von seiner Krankheit aber wurde er geheilt, so wie er nur ein wenig von den mitgebrachten Früchten gegeßen hatte. –

Nachdem Karl lange Zeit in der Grube gesteckt und umsonst versucht hatte, daraus hervorzusteigen, und schon glaubte, er werde elendiglich darin verhungern müßen, hörte er eines Tags eine Stimme, die rief in die Grube hinein: „Prinz, was machst Du da unten?“ Nun erzählte er, wie seine Brüder ihn in dieß Loch geworfen und bat, daß der Mann ihm doch heraushelfen möchte. Da sagte der Mann: „ich bin der Bettler, dem Du das Goldstück geschenkt. Hab’ ich Dir nicht gesagt, Du solltest kein Galgenfleisch kaufen? Indes will ich Dich retten unter der Bedingung, daß Du nicht in Deine Heimath, sondern in ein anderes Land ziehst.“ Das versprach ihm der Prinz; dann half der Mann ihm aus der Grube und wünschte ihm Glück auf den Weg, als er weiter gieng. Darauf begab sich Karl in eine ganz abgelegene Gegend und verdingte sich bei einem Bauer und hütete ihm die Schweine.

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Ernst Meier: Deutsche Volksmärchen aus Schwaben. Scheitlin, Stuttgart 1852, Seite 26. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Meier_Volksm%C3%A4rchen_aus_Schwaben_026.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)