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W. K. Abel: Marokkanisches Militär. In: Bibliothek für Alle, 4. Jahrgang, 1. Bd., S. 176–178

Darings beschreibt dann genau, wie die Delinquenten inmitten eines Trupps in sehr schmutzige Uniformen gehüllter Soldaten aus den Kasernen heraustraten und ihnen von einem, nach der geringeren Zerlumptheit seines Äußeren offenbar höheren Militär der Inhalt eines großen Papiers mit einem mächtigen Siegel daran vorgelesen und darauf das Urteil an den beiden Räubern, die vor einer frisch aufgeworfenen Grube mit verbundenen Augen knieten, sogleich vollstreckt wurde. Nach der Salve seien sie rücklings in die Grube hinabgestürzt. Dort hätten die Soldaten sie auch vorläufig liegen lassen.

Darings fährt nun folgendermaßen fort: „Wer beschreibt mein Erstaunen, als ich nach drei Monaten bei der Rückkehr von der Küste wieder Miknasa passierte und derselbe Fremdenführer, der mich schon einmal zu der Hinrichtung eingeladen hatte, mich vor der Karawanserei anspricht und mir fast mit denselben Worten geheimnisvolle zuraunt, was er mir schon vor einem Vierteljahr zugeraunt hatte. Da ging mir mit einem Male ein Licht auf. Ich schwieg aber klugerweise, zahlte dem frechen Spitzbuben abermals ein sehr anständiges Bakschisch, beobachtete aber jetzt die Hinrichtung der beiden Räuber – das Programm war in allen Punkten genau dasselbe geblieben – mit ganz anderen, sehr kritischen Augen. Und da merkte ich, weil meine Nerven jetzt vollkommen ruhig waren, natürlich sofort, daß es sich hier um nichts anderes als ein fraglos recht häufig wiederholtes Schaustückchen handelte, in dem jede einzelne Person ihre Rolle bereits mit einer gewissen Nachlässigkeit spielte. So gaben sich zum Beispiel die beiden Delinquenten – was mir beiden ersten Male völlig entgangen war – auch nicht die geringste Mühe mehr, die dem Tode Verfallenen auch nur etwas lebenswahr darzustellen. Im Gegenteil – ihre Gleichgültigkeit den drohenden Flintenläufen gegenüber konnte gar nicht größer sein. Nachher nahm ich mir dann den Halunken von Fremdenführer vor und sagte ihm auf den Kopf zu, daß die Exekution ein plumper Schwindel gewesen sei und die Gewehre nur Papierpfropfen als Geschosse

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W. K. Abel: Marokkanisches Militär. In: Bibliothek für Alle, 4. Jahrgang, 1. Bd., S. 176–178. Verlag der Bibliothek für Alle, Dresden 1912, Seite 177. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Marokkanisches_Milit%C3%A4r_(Bibliothek_f%C3%BCr_Alle).pdf/4&oldid=- (Version vom 1.8.2018)