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in ein Nebenzimmer gehen, damit du ganz ungestört mit ihm reden kannst.“

Bei diesen Worten ging Rosimond fort, steckte seinen Ring schnell auf den Goldfinger, und begab sich darauf, in seiner natürlichen Gestalt, durch eine andere Thür in das Kabinett. Als ihn Bramint hier erblickte, schämte er sich so sehr, daß er ihm nicht in die Augen zu sehen wagte; er bat ihn um Vergebung alles Unrechts, was er an ihm begangen habe, und versprach, seine Fehler wieder gut zu machen. Rosimond umarmte ihn mit Thränen, verzieh ihm, und sagte: „Ich bin der größte Liebling des Prinzen, und es kommt blos auf mich an, dich auf Lebenslang in ein Gefängniß werfen, oder gar hinrichten zu lassen; aber ich will nicht Böses mit Bösem vergelten, sondern gegen dich so gut seyn, als du boshaft gegen mich gewesen bist.“ Bramint war ganz verwirrt und beschämt durch die Großmuth seines Bruders, und wagte es nicht, ihn seinen Bruder zu nennen.

Hierauf besuchte Rosimond seine Mutter, die schon lange sehnlichst gewünscht hatte, ihren geliebten Sohn einmal wieder zu sehen. Sie empfing ihn mit herzinniger Freude, und Rosimond erzählte ihr alles, was zwischen ihm und seinem Bruder am Hofe vorgegangen war, worüber sie sich nicht wenig verwunderte. Einen ganzen Tag blieb er bei ihr, und gab ihr, als er wieder abreiste, so viel Geld, als sie nöthig hatte: denn der König schenkte ihm oft große Summen, womit er viel Gutes that.

Nun begab es sich, daß der König sich zu einem Kriege gegen einen andern benachbarten König, welcher ungerecht und treulos war, rüsten mußte. Rosimond eilte sogleich an den Hof des feindlichen Königs, machte sich durch seinen Ring unsichtbar, und erfuhr nun alle Geheimnisse der Feinde. Dadurch wurde es ihm leicht, alle ihre Anschläge