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sie das Schnürband, und schnürte ihr die Brust so fest damit, daß ihr der Athem verging, und sie für todt hinfiel. Darüber war die Alte zufrieden, und ging fort.

Als die Zwerge um Mitternacht heimkamen, da erschraken sie sehr: denn ihr liebes Schneewittchen lag todt auf dem Boden. Aber sie merkten bald, daß die böse Mutter müsse da gewesen seyn, hoben das schöne Kind in die Höhe, und da sie sahen, daß es so fest geschnürt war, schnitten sie das Schnürband entzwei – und siehe! nach und nach athmete es wieder, und schlug die Augen auf. Da freueten sich die Zwerge sehr, und ermahnten und baten Schneewittchen, doch keinen Menschen wieder in’s Häuschen zu lassen.

Als nun die Königinn nach Hause gekommen war, trat sie wieder vor den Spiegel, und sagte:

Spiegel, Spiegel an der Wand,
Wer ist die Schönst’ im ganzen Land?

Der Spiegel antwortete:

Ihr seyd die Schönste hier,
Aber Schneewittchen ist tausendmal schöner, als Ihr!

Sie erschrak, daß das Blut ihr all zum Herzen lief, da sie merkte, daß Schneewittchen wieder lebendig geworden wäre, und sann den ganzen Tag und die ganze Nacht, wie sie es doch anfangen wollte, Schneewittchen an das Leben zu kommen. Darum verkleidete sie sich in einen hausirenden Kaufmann, setzte sich einen falschen Bart an, und machte sich ganz unkenntlich; dann nahm sie ein Kästchen mit Waare unter den Arm, und ging so hinaus hinter die Berge. Unter der Waare hatte sie aber einen stark vergifteten Kamm, damit wollte sie Schneewittchen umbringen.

Als sie an das Häuschen der Zwerge gekommen war, klopfte sie an die Thüre. Aber Schneewittchen rief: „Ich darf niemand hereinlassen!“ Da sie aber durch das