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dem Hungertode zu schützen, so willigte sie endlich weinend in seinen Vorschlag ein, und legte sich bekümmert zu Bette, und betete zu Gott, daß er doch helfen möge.

Der kleine Däumling hatte aber nicht geschlafen, und wohl bemerkt, daß die Aeltern von ihm und seinen Geschwistern sprachen; er war daher leise von seiner Schlafstelle aufgestanden, und unter des Vaters großen Holzschemel heimlich und unbemerkt gekrochen, und hatte da Alles genau mit angehört. Als nun die Aeltern sich niederlegten, ging auch er wieder in sein Bette, schlief aber die ganze Nacht nicht, sondern sann hin und her, was wohl unter solchen Umständen am gerathendsten zu thun seyn möchte.

Ohne seinen Brüdern etwas zu sagen, weil er sie nicht ängstigen wollte und sie auch noch so sanft schliefen, stand er ganz früh auf, sobald der Tag graute, ging an einen Bach, und sammelte sich da alle Taschen voll weißer Steinchen, und eilte damit wieder nach Hause zurück.

„Kommt, Kinder!“ sagte ein Stündchen darauf der Vater; „ihr sollt mit mir in den Wald gehen, und dort dürres Reisholz lesen.“ Somit ging’s fort in den Wald; klein Däumling ließ sich aber nichts von dem merken, was er vorhatte.

Jetzt waren sie so tief in das Dickicht gekommen, daß man nicht zehn Schritte weit sehen konnte. „Leset hier!“ sagte der Vater, „ich werde noch etwas weiter in den Wald hineingehen, und euch zu rechter Zeit abholen.“ Aber der Vater holte sie nicht, sondern hatte sich ganz heimlich nach Hause geschlichen.

Da nun der Vater nicht kam, wurde den Kindern in dem dicken, dichten Walde sehr bange; sie fingen an, gewaltig zu weinen, zu heulen und zu schreien; nur der kleine Däumling schrie nicht, denn er wußte wohl, wie er sich wieder aus dem Walde herausfinden wollte. Er hatte nämlich