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kleines Hüttchen und ein Stück Gartenland besaßen, so mußten Vater und Mutter bei den Landleuten um’s Tagelohn arbeiten, die etwas erwachsenen Kinder aber im Sommer in den Wald gehen, und Erd- und Heidelbeeren pflücken, oder Holz für den Winter zusammen tragen, zur Erntezeit aber Aehren auf den Feldern sammeln. Käthchen, die älteste Tochter, mußte die gesammelten Beeren nach der Stadt zum Verkauf tragen, und aus dem gelösten Gelde mancherlei kleine Bedürfnisse ankaufen und mitbringen.

Je öfterer aber Käthchen in die Stadt ging, desto unzufriedener kam sie nach Hause. „Wie gut haben es doch die Mädchen in der Stadt!“ pflegte sie auf dem Rückwege bei sich selbst zu sagen; „alle Tage leben sie herrlich und in Freuden, und die Arbeit, die sie verrichten müssen, wird auch so viel nicht zu bedeuten haben. Unser eins muß sich den ganzen Tag placken und quälen, und wenn der Sonntag kommt, so hat man es auch um nichts besser. Jene können sich putzen mit schönen seidenen Kleidern, tragen feine Halstücher mit Spitzen; aber so gut wird es mir wohl nicht werden!“

Solche und ähnliche Klagen führte sie beständig, und verbitterte sich dadurch das Leben. Jede, auch die geringste Arbeit, ward ihr sauer und beschwerlich; sie vernachlässigte bald dieses, bald jenes, was sie hatte verrichten sollen, und Alles that sie mit Unlust und Widerwillen.

Eines Tages war sie von ihren Aeltern in den Wald geschickt, um Holz zu holen. Das war ihr nicht recht, und sie beklagte sich im Stillen über die schwere Arbeit. Sie hatte sich eben auf einen alten Eichenstamm gesetzt, und überlegte bei sich, wie sie es wohl anzufangen habe, um sich ein bequemeres Leben zu verschaffen, als auf ein Mal ein altes Mütterchen vor ihr stand, und sie gar freundlich also anredete: „Armes Kind, ich kenne deine Noth, und weiß,