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Schlachtfeld, das zwar in der Hauptsache von den Deutschen abgeräumt war, trug doch noch deutliche Spuren des Kampfes und regte die Vorstellungskraft mächtig an. In den Dörfern eine beklemmende Menschenleere. Noch liegt auf vielen Feldern das Getreide, das nicht eingeheimst worden, faulend am Boden. Flüchtig aufgeworfene Deckungen, von Granaten aufgewühltes Erdreich, da und dort ein umgestürzter, halbzerschossener Wagen, Granathülsen, die zeigen, daß auch hier viele Ausblaser fielen, Granatsplitter, deutsche und französische Infanteriepatronen, zerschlagene Lebelgewehre, französische Tornister, Patronentaschen, Bekleidungsstücke, Gamellen mit Speiseresten, Schuhe mit groben, schlechten Flicken, oft mehrere an einem Paare, wohl von Verwundeten ausgezogen, weil sie drückten, blaue Überzüge um die roten Käppi, nicht zu vergessen endlich die berühmten fagots de bois, das Bündel von drei niedlichen, hübsch dekorativ geschnittenen Scheitchen aus Rundholz, das der französische Infanterist seit Napoleons I. Zeiten immer noch auf dem Tornister zum Anzünden des Lagerfeuers mit sich trägt, heutzutage eine reine Spielerei und unnötige Belastung. Alle diese Gegenstände lagen auf dem Schlachtfelde zerstreut oder in Häufchen zusammengetragen herum.

Den tiefsten Eindruck aber machen die zahlreichen mit Blumen oder Kränzen geschmückten Kriegergräber, jedes durchschnittlich fünfzehn bis zwanzig Gefallene bergend, meistens Deutsche

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Karl Müller: Kriegsbriefe eines neutralen Offiziers. Velhagen & Klasing, Bielefeld ; Leipzig 1915, Seite 80. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:M%C3%BCllerKriegsbriefe.pdf/84&oldid=- (Version vom 1.8.2018)