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Herrn Georg Queri, verdanke, der im Kraftwagen eines höheren Beamten Liebesgaben an die Front zu bringen hatte und mich so weit vorbrachte, als es die bestehenden strengen Bestimmungen über das Betreten des Operationsgebietes gestatteten.) Übermütig bäumt sich manches der wohlgepflegten Rosse vor dem vorüberfahrenden Kraftwagen, tut einen Seitensprung und reißt den führenden Soldaten mit sich in den Acker hinaus.

Wir erreichen ein im Stile Louis XVI. erbautes französisches Schloß, vor dessen Freitreppe sich eine Terrasse und ein Park ausbreiten. Ein Feldlazarett für Schwerverwundete ist darin untergebracht. Hier waltet als Oberarzt ein berühmter Chirurg, sonst Professor an der Berliner Universität, unterstützt von mehreren Unterärzten und Assistenten, seines schweren Amtes. Er führt uns durch die Räume, wo seine Pflegebefohlenen auf Matratzen wohlgebettet sind: Deutsche und Franzosen friedlich nebeneinander. Da sitzt ein Deutscher, hochaufgerichtet, auf einen Stuhl mit Lehne geschnallt, zur Erneuerung des Verbandes bereit, mit unstet irrenden Augen uns anblickend. Auf die freundliche Frage des Oberarztes lallt er einige uns unverständliche Worte. Der Professor erläutert uns den Fall: Linksseitige schwere Kopfverletzung durch Granatsplitter mit Lähmung der Sprachorgane. Der Mann wird genesen und die Sprache wiedererlangen. Ein anderer Deutscher liegt mit verbundenem

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Karl Müller: Kriegsbriefe eines neutralen Offiziers. Velhagen & Klasing, Bielefeld ; Leipzig 1915, Seite 54. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:M%C3%BCllerKriegsbriefe.pdf/58&oldid=- (Version vom 1.8.2018)