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Die Truppenabteilung, deren heutige Übung der General besichtigen will, ist, wie die deutsche Schneeschuhtruppe überhaupt, eine während des Krieges geschaffene Neubildung. In den technischen Hilfsmitteln und in der Ausbildung besonderer Truppen für den Gebirgskrieg hatten die Franzosen vor den Deutschen einen Vorsprung. In den Alpenjäger-Bataillonen, die anerkanntermaßen zu den besten französischen Truppen gehören, besitzen sie eine für den Gebirgskrieg ausgebildete und ausgerüstete Truppe. Für einen Winterfeldzug im Gebirge hatten die Franzosen ebenfalls schon vor dem Kriege durch Ausbildung von militärischen Schneeschuhläufern vorgesorgt. In Deutschland war etwas Ähnliches beim Ausbruch des Krieges noch nicht geschaffen. Zwar haben die im Oberelsaß garnisonierenden Truppen des 15. Armeekorps in den letzten Jahren, besonders seitdem dieses Korps von General v. Deimling befehligt wird, öfter Übungen in den Vogesen abgehalten. Aber von der Bildung eigentlicher Gebirgstruppen war vor dem Kriege keine Rede. Dazu ist man geschritten, als der Winter nahte. Mit der den Deutschen eigenen Anpassungsfähigkeit und Gestaltungskraft hat es die deutsche Heeresverwaltung verstanden, in kurzer Zeit die erforderlichen Formationen neu zu schaffen und so auszubilden, daß sie im Gebirgskriege des Vogesen-Abschnittes Hervorragendes zu leisten vermögen. Davon hat mich der heutige Besuch bei einer deutschen Schneeschuhtruppe überzeugt.

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Karl Müller: Kriegsbriefe eines neutralen Offiziers. Velhagen & Klasing, Bielefeld ; Leipzig 1915, Seite 239. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:M%C3%BCllerKriegsbriefe.pdf/243&oldid=- (Version vom 1.8.2018)