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wir noch verschiedene besichtigen, in die Erde eingebaut. Hier sind die Ablösungen für die Besatzung der Schützengräben untergebracht, die alle sechs Stunden wechselt. Alle achtundvierzig Stunden erfolgt die Ablösung der gesamten vorderen Linie. In jedem Raume steht auch hier der Christbaum, und überall liegen die Gaben ausgebreitet, die den Weihnachtspaketen entnommen worden sind. In allen Unterständen und Quartieren hat der Oberst ein freundliches Wort für die Mannschaft und erkundigt sich, ob sie Weihnachten gut gefeiert haben. Wenn dann die frohe Antwort zurückkommt: Jawohl, Herr Oberst, so fragt er etwa: Aber übers Jahr doch wohl noch lieber zu Hause, nicht wahr? Dann fröhliche Zustimmung. Nur in einem Unterstande hat einer dazwischen gerufen: Nu, mir wär’s gleich, man ist’s jetzt gewöhnt. Wird wohl ein Junggeselle gewesen sein.

Nicht immer ist übrigens das Lustwandeln auf der Pionier-Allee geraten, und nicht immer ist der Aufenthalt in diesen Blockhäusern und Unterständen so gemütlich. Der auf der Karte eingezeichnete Waldweg ist den Franzosen bekannt, und sie überschütten ihn von Zeit zu Zeit mit ihrem indirekten Granatfeuer. Ein Leutnant zeigt uns eine Stelle, wo gestern eine Granate auf den Weg eingeschlagen hat. Nicht weit von hier war es auch, wo der Pionier erschlagen wurde, der jetzt im Waldfriedhof drunten am Berge ruht. An vielen Bäumen sind von den Granaten die Kronen abgeschlagen,

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Karl Müller: Kriegsbriefe eines neutralen Offiziers. Velhagen & Klasing, Bielefeld ; Leipzig 1915, Seite 170. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:M%C3%BCllerKriegsbriefe.pdf/174&oldid=- (Version vom 1.8.2018)