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nichts weiter bieten, als den Rat, sie solle Hoffnung und Geduld nicht verlieren.

Ils sont bien gentils, bien gentils. So lautet die Auskunft überall, wo ich anfrage. Nur ein altes Weib mit einer spitzen Nase und einem bösen Blicke, das ich beim Brunnen vor ihrem Hause ansprach, beantwortete meine Frage nach dem Benehmen der Deutschen mit den Worten: Au commencement, ils étaient méchants. Et maintenant? frage ich weiter. Oh, maintenant, ça va mieux.

In dem eine halbe Stunde von dem Weiler entfernten Pfarrdorfe, wo wir später auf dem Heimweg vorbeikamen, besuchten wir ein Haus, in dem an die zwanzig Soldaten einquartiert waren. Sie saßen, als wir ankamen, in der Stube und sangen, die Familie aber, mehrere Frauen und Kinder, waren in der Küche um den Tisch herum versammelt und tranken ihren Kaffee. Eine anmutige Französin im Beginn der zwanziger Jahre, ein bildschönes Mädchen mit einem Augenpaar, aus dessen schwarzem Gefunkel Stolz und Würde sprachen, schien die Regentin dieses Familienkreises zu sein, sie führte das Wort, und die Soldaten, die aus- und eingingen, begegneten ihr mit großer Achtung. Ich frage auch hier nach dem Betragen der Soldaten, und sie antwortet lebhaft und nicht ohne Wärme: Oh, ils sont très aimables, très convenables. Dann klagte sie mir, wie groß die Not im Dorfe eine Zeitlang gewesen, als es bald von französischen, bald von deutschen

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Karl Müller: Kriegsbriefe eines neutralen Offiziers. Velhagen & Klasing, Bielefeld ; Leipzig 1915, Seite 162. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:M%C3%BCllerKriegsbriefe.pdf/166&oldid=- (Version vom 1.8.2018)