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gestattet mir ohne weiteres, mich mit den Bewohnern zu unterhalten, ja er zieht sich, um das Gespräch durch seine Anwesenheit nicht zu beeinflussen und die Unbefangenheit der Leute nicht zu beeinträchtigen, zurück, wenn ich mich mit ihnen bespreche und läßt mich mit den französischen Bewohnern allein verkehren. Da treibt sich ein zwölfjähriger Junge herum und macht sich im Park, bei den Zugpferden und in der Feldküche zu schaffen, wo die Gulaschkanonen, mit Tannenbäumen geschmückt, aufgepflanzt sind. Gulaschkanonen, so nennt der Soldatenwitz die Feldküchen, die bei heruntergeklapptem Rohre eine entfernte Ähnlichkeit mit einem Geschütz haben. Ich frage den jungen, schwarzhaarigen Franzosen, ob er sich denn mit den deutschen Soldaten verständigen könne. 0h, je comprends déjà quelques mots, antwortet er. Seine Mutter, die mit einem zweijährigen Kinde auf dem Arme daherkommt, antwortet mir auf die Frage, wie sie mit den in ihrem Hause untergebrachten Soldaten auskomme: 0h, ils sont très gentils, und sie versichert mir wiederholt, wie anständig der Verkehr mit ihnen sei. Ihr Mann ist gleich nach der Mobilmachung als Soldat der Territorialarmee eingezogen worden. Seit dem August hat sie keine Nachricht von ihm, fügt sie bei. Und die Tränen stürzen ihr in die Augen. Oh, la guerre, la guerre, quand finira-t-elle? fragt sie und erwartet wohl von dem Schweizer eine tröstliche Zusicherung, und ich kann ihr doch

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Karl Müller: Kriegsbriefe eines neutralen Offiziers. Velhagen & Klasing, Bielefeld ; Leipzig 1915, Seite 161. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:M%C3%BCllerKriegsbriefe.pdf/165&oldid=- (Version vom 14.5.2018)