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einstündigem Steigen erreichen, bietet eine herrliche Rundsicht und gewährt einen weiten Aus- und Einblick auf das von Deutschen und Franzosen umstrittene Tal- und Berggelände. Auf dem Gipfel des Bergrückens ist eine Beobachtungsstation für die in der Umgebung liegenden schweren Fußbatterien eingerichtet. Zwei Scherenfernrohre sind, hinter Tannengrün verborgen, auf die feindlichen Artilleriestellungen gerichtet, dicht unterhalb des Gipfels steht, an den Hang gelehnt, eine von den deutschen Soldaten erbaute Blockhütte, die für das hier aufgestellte Wachtkommando recht wohnlich eingerichtet ist. Ständig liegt hier oben ein Offizier mit einigen Mann. Natürlich ist der Beobachtungsposten mit dem Kommando unten im Tale durch Fernsprechleitung verbunden, so daß das Feuer von dieser hohen Warte aus geleitet werden kann. Bei unserer Ankunft befindet sich eben der Führer des in dieser Gegend liegenden Fußartilleriebataillons, Major J., mit mehreren Batterieoffizieren oben. Die Lage wird an Hand des von einem der Offiziere, einem gewandten Zeichner und Maler, prächtig ausgeführten farbigen Panoramas besprochen. Dann und wann zerreißt ein Windstoß den Nebel und gewährt einen Blick in die tief zu unseren Füßen liegende schöne Landschaft. Eine friedliche bergfrohe Stimmung herrscht da droben, und schlüge nicht dann und wann der Kanonendonner an unser Ohr, so könnte man sich im tiefsten Frieden wähnen.

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Karl Müller: Kriegsbriefe eines neutralen Offiziers. Velhagen & Klasing, Bielefeld ; Leipzig 1915, Seite 147. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:M%C3%BCllerKriegsbriefe.pdf/151&oldid=- (Version vom 1.8.2018)