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Das Innere der Dorfkirche ist mit Grün geschmückt, und vor dem Chore steht der große, reichgeschmückte Weihnachtsbaum. In großen Schuppen an der Dorfstraße liegen viele Tausende von Weihnachtspaketen aufgestapelt. Sechsunddreißigtausend von den Gebern selbst adressierte Pakete sind schon angelangt und werden verladen, zehn- bis fünfzehntausend werden bis morgen noch erwartet. Weitere siebentausend Pakete sind für Mannschaften bestimmt, die von Hause nichts zu erwarten haben. Kein Soldat im Armeekorps soll leer ausgehen. Ein besonders dazu kommandierter Offizier leitet das Verteilungsgeschäft. Vierzig Wagen stehen dafür zu seiner Verfügung. Einige sind schon hoch beladen zur Abfahrt bereit. Die Pakete enthalten allerhand nützliche und angenehme Dinge: warme Unterkleider, Rauchzeug, kleine Ausrüstungsgegenstände, süße Lebkuchen, die zu Weihnachten einmal Abwechslung bringen sollen in das tägliche Einerlei des Kaiserkuchens, wie die deutsche Soldatensprache das schwarze Kommißbrot bezeichnet. Viele Pakete enthalten auch eine Postkarte mit Weihnachtsglückwunsch des Gebers für den unbekannten Empfänger, nebst einer adressierten Antwortkarte, die für die Empfangsanzeige und Verdankung benützt werden kann.

Vom Hauptquartier des Generalkommandos an begleitet uns auf dem weiteren Wege der Artilleriechef im Armeekorpsstabe, Oberstleutnant F. Im Kraftwagen geht es weiter auf stark ansteigender

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Karl Müller: Kriegsbriefe eines neutralen Offiziers. Velhagen & Klasing, Bielefeld ; Leipzig 1915, Seite 144. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:M%C3%BCllerKriegsbriefe.pdf/148&oldid=- (Version vom 1.8.2018)