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Mählich wird der Kanonendonner von Flirey schwächer. Es geht zurück nach Thiaucourt. In einem Dorfe, das wir unterwegs durchfahren, stehen deutsche Soldaten in einer Gruppe zusammen und betrachten prüfend den Tannenbaum, den sie soeben aus dem nahen Walde geholt haben. Vorbereitung zur deutschen Weihnachtsfeier im Felde. In der schönen Kirche zu Thiaucourt, der ich noch einen Besuch abstattete, ist’s heute still und leer. Nur da und dort kniet auf einem Bänklein ein betender deutscher Soldat. . .




Kriegsweihnachten an der deutschen Front

Aus ferner Jugendzeit sind zwei Bilder in meiner Erinnerung haften geblieben. Das eine: Hinter einer verschneiten Waldecke weit drinnen in Frankreich glimmert und glitzert im Glanze einiger bescheidener Kerzlein ein einfaches Tannenbäumchen. Deutsche Krieger sind darum gelagert. Eine Feldwache. Bärtige Männer, Landwehrleute, sinnen an Frau und Kind im fernen deutschen Lande. Vor dem Walde hält der Posten treue Wacht, daß kein listiger Feind die Kameraden überrasche. Und das andere Bild: Im Prunksaale eines französischen Schlosses strahlt im blendenden Lichterglanze der reich geschmückte hohe Tannenbaum. Christbaumfeier am heiligen Weihnachtsabend. Auf dem Tische liegen die Gaben. In der Runde froher Kameraden

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Karl Müller: Kriegsbriefe eines neutralen Offiziers. Velhagen & Klasing, Bielefeld ; Leipzig 1915, Seite 142. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:M%C3%BCllerKriegsbriefe.pdf/146&oldid=- (Version vom 1.8.2018)