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die hier ihres beschwerlichen Amtes walten, begrüßen mich, als ich ihnen als Schweizer vorgestellt werde, mit kameradschaftlicher Herzlichkeit. Beide haben viele Beziehungen zur Schweiz und tragen mir Grüße an Kommilitonen auf, die ich selbst zu meinem Bekanntenkreis zähle. Zu langer Unterhaltung ist aber keine Zeit. Im gewölbten Keller des Schlosses liegen die noch nicht zurückgeschafften Verwundeten aus den letzten Gefechten. Hierher haben die Sanitäter soeben zwei schwerverwundete Franzosen hereingetragen, die schon über vierundzwanzig Stunden auf dem Gefechtsfelde gelegen hatten und beim Absuchen aufgefunden worden waren. Der eine hat einen Schuß durch die Hüfte, der andere einen Kopfschuß. Der General richtet einige freundliche Worte an sie und versichert sie guter Behandlung und Pflege, woran er die Mahnung an die Verwundeten knüpft, sie sollen dereinst, wenn sie in ihr Land zurückkehren, die Wahrheit verkünden und den Verleumdungen entgegentreten, die im französischen Volke über die Deutschen verbreitet werden.

Es ist zwar kein glänzend ausgestatteter Operationsraum, dieser Keller, aber er bietet doch sichere Deckung gegen Granatfeuer, ist trocken und reinlich. Luft und Licht erhält er durch die Tür, denn die Kellerfenster, die auf die feindwärts gerichtete Front des Hauses gehen, sind vorsichtig mit einer dicken Schicht von Mist umgeben, als Schutz gegen französische Volltreffer.

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Karl Müller: Kriegsbriefe eines neutralen Offiziers. Velhagen & Klasing, Bielefeld ; Leipzig 1915, Seite 141. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:M%C3%BCllerKriegsbriefe.pdf/145&oldid=- (Version vom 1.8.2018)