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darauf, französische Vorstöße abzuwehren, verschwenden im übrigen ihr Feuer, namentlich das Artilleriefeuer, nicht auf kleine Abteilungen. Das vor der deutschen Vorpostenstellung liegende Dorf ist, soweit man es mit dem bewaffneten Auge erkennen kann, nicht erheblich beschädigt, dagegen von den Einwohnern geräumt. Ob das Dorf noch bestände, wenn es von einer deutschen Feldwache besetzt wäre, ist fraglich. Wahrscheinlich wäre es dann von den Franzosen zusammengeschossen. Die Franzosen beschießen ihre Dörfer, sobald sich darin nur eine kleine feindliche Abteilung befindet, mit der größten Rücksichtslosigkeit, wenn sie glauben, damit einen kleinen taktischen Vorteil erringen zu können. Von Zeit zu Zeit machen die Franzosen auch hier einen ihrer Vorstöße, deren Zweck nicht ganz leicht ersichtlich ist. Entweder werden sie mehr aus politischen als militärischen Gründen unternommen, ut aliquid fieri videatur, damit etwas zum Schein geschehe, und ein Angriff gemeldet werden kann, oder zu Erkundungszwecken, um die Stärke der gegenüberstehenden Kräfte zu erfahren, oder auch nur um den Gegner zu beunruhigen und zu ermüden und den Unternehmungsgeist der eigenen Truppen anzufachen. Denn es erscheint ausgeschlossen, daß die Franzosen ernstlich beabsichtigen, hier einen Durchbruch zu versuchen und in ein für den Angreifer höchst ungünstiges Gelände vorzudringen, aus dem sie schon einmal mit schweren Verlusten zurückgeworfen worden sind. Ihre Angriffe sind

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Karl Müller: Kriegsbriefe eines neutralen Offiziers. Velhagen & Klasing, Bielefeld ; Leipzig 1915, Seite 125. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:M%C3%BCllerKriegsbriefe.pdf/129&oldid=- (Version vom 1.8.2018)