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Höhlenwohnungen, oder die Gros der Vorpostenkompagnien werden, wo sich Gelegenheit bietet, in Gehöften untergebracht. Weiter rückwärts die Vorpostenreserven. Die in der neuen schweizerischen Felddienstordnung aufgestellten Grundsätze für die Gliederung und Organisation der Vorposten und ihr Verhalten sind ziemlich übereinstimmend mit dem Vorpostenbetrieb im deutschen Heer. Augenfällig ist der geringe Kräfteverbrauch. Für die Sicherung wird gerade das ausgegeben, was notwendig ist, nicht mehr. Die Leute sehen zwar etwas ruppig und struppig aus in ihren Bärten, denn zum Barbieren gibt’s jetzt keine Zeit, aber sie sind wohlgenährt, frisch und munter. Angenehm fallen mir wiederum, wie schon bei früheren Gelegenheiten, das unbefangene Auftreten, die bestimmten von jeder Schüchternheit freien Antworten und die vollkommene Ruhe auf, die die Leute bewahren, wenn der General Fragen an sie stellt.

Vom Waldrand aus beobachten wir mit den Feldstechern die Vorpostenstellungen der Franzosen. Hier und dort vermag man an einer Linie im Gelände einen Schützengraben oder eine Batterie zu erkennen. Vor uns, etwa anderthalb Kilometer entfernt, liegt in einem Talgrunde, der von einem Bachlaufe durchflossen wird, der in das oben erwähnte Flüßchen einmündet, ein stattliches französisches Dorf, in dem eine französische Feldwache liegt. Die Deutschen beschränken sich zurzeit auf diesem Teil der großen Schlachtlinie

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Karl Müller: Kriegsbriefe eines neutralen Offiziers. Velhagen & Klasing, Bielefeld ; Leipzig 1915, Seite 124. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:M%C3%BCllerKriegsbriefe.pdf/128&oldid=- (Version vom 1.8.2018)