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und Kraftwagenkolonne der Batterie wird von zwei deutschen Reserve-Offizieren befehligt, die verschieden nach Stamm und Lebensstellung, aber gleich und einig in der Hingebung an ihre Aufgabe sind. Der eine ist ein Rheinländer, im bürgerlichen Leben Ingenieur. Aus den großen, hellen Augen spricht eine ungewöhnliche Intelligenz und Tatkraft; der kraftstrotzende Körper wird durch tägliche Fechtübung gestählt. Wie so viele deutsche Techniker hat er literarische Gymnasialbildung genossen; er beherrscht seinen Homer und Herodot und liest in den Mußestunden mit Vorliebe das Neue Testament im griechischen Urtext. In der Brusttasche trägt er das Bild seiner zwei herzigen Buben. Der andere Deutsche ist ein Bayer. Ein Gemütsmensch. Aber wenn’s gilt, dann geht er sicher drauf und dran, mit dem gleichen unerbittlichen Ungestüm, das die Bayern in diesem Feldzuge so gefürchtet macht.

Die Batterie hat vor Namur im Feuer gestanden, wo sie zwei Forts niedergekämpft und zur Übergabe gezwungen hat. Die vorgezeigten Lichtbilder bekunden die furchtbare Wirkung der Mörser. Ein Panzerturm liegt umgeworfen und völlig zerspellt am Boden; ein anderer ist durchgeschlagen. Das Mauerwerk des Grabens und der Kehle ist größtenteils zerrissen und heruntergestürzt. Der Eisenbeton ist weniger durchgeschlagen, als vielmehr durch die Sprengwirkung zermalmt und zermürbt. Eines der Bilder zeigt auch die gefangenen Belgier, die aus den Kasematten

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Karl Müller: Kriegsbriefe eines neutralen Offiziers. Velhagen & Klasing, Bielefeld ; Leipzig 1915, Seite 114. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:M%C3%BCllerKriegsbriefe.pdf/118&oldid=- (Version vom 1.8.2018)