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Rhein, das vierte das auch unseren Schweizersoldaten vertraute: Im Röseligarten will deiner warten. Und damit auch der dem Deutschen, wenn er fröhlich ist, so vertraute schwermütige Anklang nicht fehle, folgte als fünftes das vielgesungene Liedchen mit dem Kehrreim: Die Vöglein im Walde, die singen so wunderwunderschön, in der Heimat, in der Heimat, da gibt’s ein Wiedersehn.

Angenehm fällt dem fremden Beobachter der hohe Grad von Anstand und Höflichkeit auf, mit dem die deutschen Soldaten auf der Straße und im Wirtshaus, im öffentlichen Verkehr überhaupt fast durchwegs auftreten. Ich kann nicht beurteilen, ob dem immer im gleichen Maße also ist, oder ob der Ernst der Zeit hier erziehend mitwirkt. Ich stelle nur fest, was ich sah.

Diese Zeilen waren geschrieben, als vom Turm des nahen Domes ein tiefer, schöner Glockenton an mein Ohr dringt, dann nach einer Pause von einer Sekunde noch einer, ein dritter, ein vierter und so weiter. „Die Mutte?“ frage ich mich schon beim ersten Glockenschlage. Ich hatte schon von ihr gehört. Die Bestätigung bleibt nicht lange aus. Die Mutte! die Mutte! die Mutte läutet! so tönt’s von der Straße herauf, und wie ich das Fenster aufreiße, da strömt schon alt und jung dem Dome zu. Die Mutte (La Mutte) heißt die berühmte, zweihundertundneunzehn Zentner schwere Stadtglocke des Metzer Domes, die bei feierlichen Anlässen oder großen Ereignissen geläutet,

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Karl Müller: Kriegsbriefe eines neutralen Offiziers. Velhagen & Klasing, Bielefeld ; Leipzig 1915, Seite 111. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:M%C3%BCllerKriegsbriefe.pdf/115&oldid=- (Version vom 1.8.2018)