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vor solchen Abgeschmacktheiten bewahren. Der Krieg scheint aber auch in gewissen Redaktionsstuben arge Verwüstungen angerichtet zu haben.

Ich erinnere mich bei diesem Anlaß mit Vergnügen einer kleinen Begebenheit, die ich erlebte, als ich mit meinem Kollegen Georg Queri in die Woevre fuhr. In jenem von seinem Besitzer verlassenen Schlosse, wo wir ein Lazarett für Schwerverwundete besuchten, lernten wir einen Stabsarzt kennen, der sich als großer Kunstliebhaber und auch als bedeutender Kunstkenner auswies. Unter den vielen Hausgerätschaften von Kunstwert, die in dem alten Schlosse aufgespeichert lagen, befand sich auch eine wertvolle Sammlung von Porzellangeschirr, für die der Stabsarzt besondere Aufmerksamkeit bekundete. Er erzählte uns, daß er selbst Sammler derartiger Kunstgegenstände sei. Als wir uns aber eine scherzhafte Andeutung erlaubten, hier wäre ja Gelegenheit, seine Sammlung zu vergrößern, da doch in Abwesenheit des Besitzers diese Kunstschätze vielleicht zugrunde gingen, da wollte der sonst recht fröhliche Herr durchaus keinen Spaß verstehen und wies jeden solchen Gedanken als mit der Ehre eines deutschen Offiziers unvereinbar von der Hand.

So äußert sich im Kriege die Achtung des deutschen Offiziers vor der Kunst.



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Karl Müller: Kriegsbriefe eines neutralen Offiziers. Velhagen & Klasing, Bielefeld ; Leipzig 1915, Seite 99. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:M%C3%BCllerKriegsbriefe.pdf/103&oldid=- (Version vom 1.8.2018)