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„Sollst nicht leer ausgahn,
Oeffne schnell den Hahn;“

doch der Angeredete erwiderte: „Ich bin ja nicht krank wie dein König und will meines Meisters Eigentum in Ehren halten; habe auch keinen so großen Durst. Einem Heinzelmann zuliebe litte ich gern welchen, denn, wie du wohl weißt, schätzt man in unserer Stadt dein Völkchen sehr.“

Und weil der Wendelin nun unversehens ins Erzählen gekommen war, so erfuhr der kleine Mann bald alles, alles; selbst das, was niemand ahnen sollte: daß es nämlich sein größter Wunsch sei, einmal um Regina werben zu dürfen. Er habe aber, fuhr er fort, als armer Geselle wenig Aussicht, sein Ziel zu erreichen, und wolle darum mit Fleiß und Eifer vorwärtsstreben.

Das Heinzelmännchen wiegte nachdenklich das Haupt hin und her, zwinkerte dann vertraulich mit den Augen und kicherte:

„Wen, denkst du wohl, ich kürzlich – lauschend – traf?
Regina, sie, die sonst so lieb und brav!
Ich schlich herfür‚ –
Vertrau’s nur dir.“ –

Wendelin aber entgegnete: „Und wenn sie auch gehorcht hätte – Regina Schmitz bleibt doch die beste, tugendhafteste und begehrenswerteste Jungfrau von ganz Köln.“

Das Heinzelmännchen nickte beifällig:

„Auf Wiedersehn und vielen Dank
Für deinen, kluck-kluck, Labetrank. –
Ich kenn’ den Weg hier um die Fässer;
Verrat’ mich nicht, das taugt dir besser;“

und davongeschlüpft war das Heinzelmännchen, ohne daß der Zurückbleibende hätte sagen können, wo es geblieben sei. Nur ganz entfernt glaubte er noch das Klappern der Holzpantöffelchen zu vernehmen.

Empfohlene Zitierweise:
Elsbeth Montzheimer: Märchen. Leipzig: Leipziger Graphische Werke AG, 1927, Seite 141. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:M%C3%A4rchen_(Montzheimer)_141.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)