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„Schäm’ dich, Konrad,“ fiel Wendelin, der Jüngere, ihm ins Wort, „wüßt’ nicht, aus welcher Ursach’ du von unserem ehrenwerten Meister also reden dürftest; magst vielleicht von dir auf andere schließen.“

Wendelin, der sich nach dieser Antwort eben bückte, um des Meisters Schemel aufzuheben, sah Konrads giftigen Blick nicht; er ging fleißig und geschickt wieder an seine Arbeit, ohne sich weiter um den anderen zu kümmern, der mürrisch dreinschaute und sich nicht beeilte, in seinem Tagewerke weiter zu kommen.

Regina dachte natürlich, während sie das Mittagsmahl bereitete, auch immer wieder nach, was man wohl auf dem Rathause so eilig von dem Vater begehren möchte.

Endlich hörte sie des Vaters Schritte. Sie eilte aus der Küche und stand bald, das rosige Ohr dicht an die Tür der Werkstatt gelegt, und – horchte. Da fühlte sie sich im Augenblick am Kleide gezupft, daß sie sich erschrocken umwandte. Nichts war zu sehen; sie mußte sich geirrt haben. Doch da wisperte es vom dunkeln Treppenwinkel her ganz deutlich:

„Aber, Reginchen,
Neugierig Trinchen, –
Horchst an der Tür? –
Dacht’s nicht von dir!“ –

und dann war’s, als ob ein kleines Etwas wie ein Wirbelwind auf winzigen Holzpantöffelchen, klick-klack, klick-klack, die Treppe hinab über den Flur bis in den Keller hinunter sauste.

Sie eilte hinab.

An der Kellertür rüttelte sie beherzt; die war ordnungsmäßig verschlossen. „Ich muß mir das eingebildet haben; vielleicht war’s auch das böse Gewissen,“ suchte Regina sich das Unbegreifliche zu erklären und begab sich wieder hinauf in die Wohnung, um das Essen anzurichten.

Als Vater und Tochter nach dem Mahle allein waren, erzählte Meister Anselm sogleich, daß man ihn so eilig aufs

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Elsbeth Montzheimer: Märchen. Leipzig: Leipziger Graphische Werke AG, 1927, Seite 137. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:M%C3%A4rchen_(Montzheimer)_137.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)