Seite:Märchen (Montzheimer) 079.jpg

Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.

„Oster-Oster-Osterzeit,
Eierlein macht euch bereit!
Seid der Kinderlein Verlangen,
Sollt in bunten Farben prangen.
Osterzwerg hat viel zu tun;
Osterhas’ läßt ihn nicht ruh’n,
Kommt mit seinem Rucksack oft,
Weil er neue Füllung hofft,
Die er zu den Kleinen bringt.
Hei, jetzt kommt er! – Wie er springt!“

Und jetzt kam Osterhäslein mit leerem Rucksack angehüpft. Hannchen belauschte nun beider Zwiegespräch:

Hase: „Osterzwerg, bin wieder zur Stelle!“
Zwerg: „Sehe ich, du Wandergeselle.“
Hase: „Osterzwerg, siehst du hier leeren Rucksack?“
Zwerg: „Osterhas’, bist ein wirklicher Schlucksack,
          Quälst den Alten bis aufs Blut,
          Bis er dir den Willen tut.“

Fast hätte Hannchen sich wieder durch einen Ausruf des Entzückens verraten, als der gute Zwerg die schönsten Eier aus seinem Vorrat nahm und den Rucksack so voll packte, daß die Lauscherin fürchtete, der vierfüßige Kinderfreund möchte unterwegs einen Teil verlieren. Der rief eben noch:

„Hopp, hopp, hopp über Stock und Stein,
Dank, dank, dank, liebes Zwerglein mein!“

Hannchen stand noch einen Augenblick unschlüssig, was sie tun sollte. Der Zwerg tat ihr leid. Gern hätte sie ihm geholfen, aber dazu fühlte sie sich viel zu ungeschickt. Der kleine Farbenkünstler handhabte den Pinsel so geschickt, daß der förmlich zu tanzen schien. Der fleißige Osterzwerg erwies sich hier als Kinderfreund, also würde er ob ihres Eindringens gewiß nicht zürnen.

Empfohlene Zitierweise:
Elsbeth Montzheimer: Märchen. Leipziger Graphische Werke AG, Leipzig 1927, Seite 79. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:M%C3%A4rchen_(Montzheimer)_079.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)